Pressemitteilung: "Einrichtungen in der Altenpflege sind kein Spielball und keine Geldquelle für Investorengruppen"

Linksfraktion

Zur jüngsten Entwicklung im Wohnpark Kranichstein

Zu kommunalen Daseinsvorsorge gehört, dass sich eine Stadt um eine ausreichende Versorgung ihrer alten Menschen kümmert. Dazu gehören genügend Pflegeplätze in Alteneinrichtungen. Die Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen müssen ordentliche Arbeitsbedingungen haben und fair entlohnt werden. Eigentlich sollte dies unbestritten sein, denn heute wird allerorts über mehr Wertschätzung des  Pflegeberufs geredet. Eine gegenläufige Entwicklung gibt es im Wohnpark Kranichstein. Fast 17 Jahre lang (!) hatte die Mehrzahl der Beschäftigten keine Lohnerhöhung bekommen. Die Gewerkschaft ver.di nahm Anfang 2019 Verhandlungen mit den Geschäftsführern der Senioren Residenz auf. Im Juli 2019 einigten sie sich auf einen Haustarifvertrag. Doch 3 Tage vor der geplanten Unterzeichnung erklärte  lötzlich der Arbeitgeber, er werde den Tarifvertrag nicht abschließen. An Stelle des Tarifvertrages soll eine hauseigenes Bezahlungssystem treten, wonach Pflegehilfskräfte und Betreuungskräfte bis zu 400 weniger € Lohn bekommen, Tariferhöhungen in regelmäßigen zeitlichen Abständen fallen damit auch weg. Dieser Punkt war für die Beschäftigten besonders wichtig, die zum großen Teil seit 17 Jahren auf eine  ehaltserhöhung warten. Die Beschäftigten traten im November letzten Jahres in einen eintägigen Streik. Wenn der Vertreter der Geschäftsführung nun erklärt, dass die Empfehlungen für den Mindestlohn in der Pflege eingehalten werden, ist das eine Selbstverständlichkeit, denn alles andere wäre Rechtsbruch.

Die LINKE im Stadtparlament kritisiert schon seit langem das Vorgehen der privaten Investoren im  ohnpark. Im Oktober 2019 brachte sie einen Resolutionsantrag in das Stadtparlament ein, um die Beschäftigten des Wohnparks in ihrem Kampf für bessere Löhne und für einen Tarifvertrag zu unterstützen. Der Antrag war nur ein Teilerfolg. Die Situation im Wohnpark war im September 2019 intensiv im Sozialausschuss diskutiert worden, wo eine Sekretärin von ver.di ausführlich die Situation im Wohnpark schilderte und Rechtsanwalt Mathias Metzger als Vertreter des Arbeitgebers ziemlich unter Druck kam. Trotzdem konnte die grün-schwarze Koalition im Stadtparlament nicht die Resolution unterstützen, in  er dringend an die Geschäftsführer des Wohnparks appelliert wurde, den mit ver.di verhandelten Haustarifvertrag endlich abzuschließen. Die grün-schwarze Koalition beließ es bei einem folgenlosen Appell zur „Wertschätzung der Altenpflege“.

Nach Meinung der Stadtverordnetenfraktion der LINKEN hätte das Verhalten der privaten Betreiber des Wohnparks dreister nicht sein können. Fast zeitgleich zu den Gesprächen im Sozialausschuss und kurz vor der Stadtverordnetenversammlung am 3.12.2019 lud die Römerhaus Bauträger GmbH am 27.11.2019 zu einem Investorentag in Speyer ein: “Unser Anlagetipp: Wohnpark Kranichstein in Darmstadt. Das Aushängeschild für Seniorenwohnen und -pflege in Darmstadt und Umgebung. Bestehende Immobilie top gepflegt. Bestens geführt. Voll belegt. Miete sofort! Rendite 4,5%!“ (Faksimile siehe Rückseite)
Die Römerhaus Bauträger GmbH ist eng verflochten und personell verbunden mit dem Wohnpark Kranichstein und der Römergarten Residenzen GmbH, ein regionaler Altenheim-Konzern im Südwesten
Deutschlands. Geld bzw. Rendite ist also genügend vorhanden. Noch zwei Wochen vor dem Investorentag hatte der Vertreter des Wohnparks (und ehemaliger Geschäftsführer des Wohnparks) Mathias Metzger auf der Sozialausschusssitzung erklärt, dass die zusätzlichen Kosten für die Einrichtung nicht tragbar seien und die Kosten des verhandelten Tarifvertrags nicht refinanziert werden könnten! Diese Aussage stimmt auch deshalb nicht, da nach der bestehenden Gesetzeslage Tarifgehälter von den Pflegekassen voll refinanziert werden.


Aus Sicht der Stadtverordnetenfraktion der LINKEN steht die Stadt Darmstadt in der Verantwortung für gute und fair entlohnte Arbeit im Wohnpark Kranichstein, denn die Einrichtung wurde ehemals in Regie von stadteigenen Betrieben gegründet und geführt. Einrichtungen in der Altenpflege dürfen nicht zum Spielball und zu einer Geldquelle für Investorengruppen werden.