Große Anfrage "TINA – von der Beschaffung bis heute"
Vorbemerkung:
Praktisch, seit die erste TINA durch Darmstadt gefahren ist, gibt es Beschwerden über Lärm und Erschütterungen sowie dadurch erzeugte Schäden am und im Haus. Inzwischen gab es ein Gutachten zu den Lärmemissionen der TINA und es ist erwiesen, dass TINA bis zu 25% mehr Erschütterungen verursacht. Bis zum Ende des Jahres soll Darmstadt laut Hersteller Stadler durch Nachbesserungen am Fahrgestell „eine spürbare Verbesserung der Situation haben“; in Basel soll es bereits eine leisere Variante der TINA geben. Auch soll nach den Sommerferien in Arheilgen getestet werden, ob durch langsameres Fahren eine Verbesserung erzielt werden kann. Allerdings liegen zwischen diesen ersten Versuchen die Situation zu verbessern und den ersten Beschwerden schon mehrere Jahre und der Probebetrieb geht weiter. Aktuell können die Fahrzeuge weder zugelassen werden noch kann der Probebetrieb untersagt werden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Magistrat:
1.
Bei TINA handelt es sich um eine komplette Neuentwicklung. Es ist an anderen Orten zu beobachten, wie schwierig solche Neukonstruktionen sein können. Nicht selten treten dabei ungeahnte und zum Teil auch gravierende Probleme (sogenannte „Kinderkrankheiten“) auf.
a) Es gibt etablierte Straßenbahn-Plattformen. Warum hat man nicht auf ein etabliertes Serienfahrzeug gesetzt?
b) Warum wurde nicht vertraglich geregelt, dass zunächst ein Prototyp dieser Neukonstruktion geliefert, getestet und zugelassen wird, bevor alle weiteren Fahrzeuge gebaut und geliefert werden?
c) Warum wurden direkt 14 Bahnen bestellt, wenn es sich faktisch um einen Prototyp handelte?
d) Warum wurden bereits bevor die erste TINA nach Darmstadt kam (Dezember 2022) im Juli 2021 Teile der Optionen eingelöst?
e) Sind nach Eingang der ersten Beschwerden weiterhin Fahrzeuge produziert, ausgeliefert und angenommen worden? Wenn ja: Warum hat man nicht erst die Ursache der Beschwerden ergründet und behoben?
f) Ist nach Eingang der ersten Beschwerden erwogen worden, keine weiteren Fahrzeuge anzunehmen? Wenn ja, warum hat man sich dagegen entschieden?
g) Wo lagen weitere Probleme / Schwierigkeiten im Beschaffungsprozess?
h) Wir können solche Prozesse in Zukunft optimiert werden? Was sollte vermieden werden?
2.
Wie ist die Tatsache zu beurteilen, dass der Auftrag laut Ausschreibung / Zuschlag an Stadler Pankow GmbH vergeben wurde, aber von StadlerRail in Bussong/Schweiz ausgeführt wird. Entstehen daraus Vor- oder Nachteile z.B. rechtlicher Art?
3.
Welche Anforderungen an die neuen Straßenbahnwagen standen in den Ausschreibungen? Listen Sie diese bitte vollständig auf.
a) Begründen Sie für jede dieser Anforderung, warum diese notwendig war.
b) Bitte benennen Sie auch, welche der Anforderungen auf ausdrücklichen Wunsch politischer Gremien und von Amtsträger*innen hinzugefügt wurden.
c) Bitte benennen Sie auch, welche der Anforderungen auf Wunsch von HEAG mobilo hinzugefügt wurden.
d) Bitte machen Sie kenntlich, welche der Anforderungen frei gewählt und welche aus Regelwerken (wie z.B. BOStrab) übernommen wurden?
4.
Die TINA weist sowohl ein deutlich höheres Gesamtgewicht als auch höhere Achslasten auf als die Vorgängerbahnen. Auf Nachfrage dazu heißt es, das liege in den formalen Anforderungen begründet. Bitte erläutern Sie detailliert und unter konkreten Gewichtsangaben aufgrund welcher Komponenten und Bauteile diese Gewichtszunahme entstanden ist.
5.
Geben sie einen groben zeitlichen Abriss der Geschehnisse, von den ersten Beschwerden bis hin zu den aktuellen Maßnahmen.
a) Wann sind die ersten Beschwerden über Lärm- und Erschütterungsbelästigung eingegangen?
b) Wann und auf welche Weise wurde mit ersten Untersuchungen zu den Ursachen begonnen?
c) Wann wurde erstmals Kontakt mit der Firma Stadler aufgenommen, um die Probleme zu beheben?
d) Wie reagierte Stadler auf die sich abzeichnenden Probleme?
e) Welche Maßnahmen zur Problemanalyse und Problembehebung hat Stadler zu welchem Zeitpunkt realisiert?
f) Welche Gründe führten zu gegebenenfalls aufgetretenen Verzögerungen zwischen a) und b)/c)?
g) Wann wurde das Gutachten zu Vibrationen und Lärmbelastung in Auftrag gegeben und warum nicht früher?
h) Ist abgesichert, dass die Kosten für die notwendigen Anpassungen der Fahrzeuge tatsächlich von Stadler getragenwerden und wenn ja, wie?
i) Wird mit erhöhtem Verschleiß an dem Schienennetz und/oder den Fahrzeugen gerechnet? Mit welchen Mehrkosten ist zu rechnen und wie werden diese getragen?
6.
Viele Anwohner*innen klagen über massive Unruhe bei Vorbeifahrten der neuen ST15 und dadurch eingeschränkte Schlafzeiten. Ungenügender Schlaf und erhöhte Lärmbelastung verursachen erwiesenermaßen Stress. Laut Aussage des Regierungspräsidiums sieht man aber keine Gesundheitsgefährdung.
a) Was ist dem Magistrat bekannt, welche sonstigen Schwierigkeiten dem RP die finale Genehmigung zu erteilen verunmöglichen?
b) Wie schätzt der Magistrat den Zusammenhang ein zwischen den aus dem Sekundarschall entstehenden Problemen und einer möglichen Gesundheitsgefährdung?
7.
Laut Anwohner*innen und Medien treten in Gebäuden an den Strecken, auf welchen TINAs verkehren, vermehrt Risse auf. Das gilt sowohl für ältere Häuser als auch für Neubauten. Ist dies Stadt und HEAG-Mobilo bekannt?
a) Gibt es eine Untersuchung, ob ein ursächlicher Zusammenhang der genannten Beschädigungen und der Baureihe ST15 besteht? Falls nicht, ist eine solche geplant?
b) Wenn eine Untersuchung durchgeführt wurde: welche Ergebnisse hat diese gezeigt?
c) Wenn eine solche Untersuchung weder gemacht wurde noch geplant ist, warum nicht?
d) Falls ein Zusammenhang zwischen der Baureihe ST15 und den Beschädigungen nachgewiesen wird, wer haftet für die entstandenen Schäden?
8.
Wie hoch ist der Energieverbrauch jeweils für die vier aktuell im Einsatz befindlichen Straßenbahngenerationen (ST12-ST15) für eine spezifische immer gleiche Vergleichsstrecke? Geben Sie bitte auch die Spezifika, der von Ihnen gewählten Vergleichsstrecke an. Geben Sie für die Baureihen ST12-ST14 auch den Energieverbrauch mit Beiwagen an.
a) Welche Betriebskosten entstehen jeweils und wie hoch sind diese jeweils für eine Fahrt der vier aktuell im Einsatz befindlichen Straßenbahngenerationen (ST12-ST15)?
9.
Welche Zeitersparnis entsteht, insbesondere in den Nachtstunden durch weniger Fahrgäste, kürzere Fahrgastwechsel und allgemein ein geringeres Verkehrsaufkommen? Bitte geben Sie die Ersparnis jeweils pro Umlauf für jede Straßenbahnlinie an.
a) Kann diese Zeitersparnis genutzt werden, um zumindest nachts langsamer mit der ST15 zu fahren?
b) Falls zum Zeitpunkt der Beantwortung bereits Ergebnisse aus dem entsprechenden Versuch zur Reduzierung der Geschwindigkeit vorliegen:
Welche Erfahrungen wurden mit einem dies umsetzenden Versuch in Arheilgen gemacht?
c) Falls 9.a) mit Nein beantwortet wird, warum ist dies nicht möglich? Was spricht dagegen?
10.
HEAG mobilo hat am 4. Juli angekündigt, zu prüfen, ob in den Abend- und Nachtstunden vorrangig ST15 aus dem Verkehr gezogen werden können. Was sind die Ergebnisse der Prüfung im Schwachverkehr bevorzugt ST15 aus dem Verkehr zu ziehen (anschließend an die ST12, die ja wegen Sicherheitsbedenken für die Fahrer*innen zuerst abgestellt wird)? Falls es noch kein abschließendes Ergebnis gibt, wann ist mit diesem zu rechnen?
11.
Wurde bereits eine Kundenzufriedenheitsumfrage zur TINA durchgeführt?
a) Falls ja, wie viel Prozent der Befragten hatten jeweils rein Positives, größtenteils positives, mittleres, größtenteils negatives und negatives Feedback?
b) Welche Probleme/Mängel wurden in dieser Umfrage genannt? Listen Sie auf. Bitte beginnen Sie mit dem am häufigsten genannten Problem/Mangel.
c) Wie ist geplant mit den genannten Mängeln umzugehen? Geben Sie dies für jeden genannten Mangel/jedes genannte Problem an.
12.
Wurde bereits die Zufriedenheit des Fahrpersonals in Bezug auf die TINA durchgeführt?
a) Falls ja, wie viel Prozent der Befragten hatten jeweils rein Positives, größtenteils positives, mittleres, größtenteils negatives und negatives Feedback?
b) Falls ja, welche Probleme/Mängel wurden in dieser Umfrage genannt? Listen Sie auf. Bitte beginnen Sie mit dem am häufigsten genannten Problem/Mangel. Falls nein, sind dem Magistrat etwaige Probleme des Fahrpersonals mit der TINA bekannt?
c) Wie ist geplant mit den genannten Mängeln umzugehen? Geben Sie dies für jeden genannten Mangel/jedes genannte Problem an.
