BdU, Dezernenten_innenwahl und Veränderungssperre

Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 02.02.2017

Die erste Stavo 2017 wurde mit der Anhebung der Angemessenheitsgrenzen für die Bedarfe der Unterkunft begonnen. Prinzipiell ist dies zu begrüßen, denn es entlastet die Empfängerinnen und Empfäger von Leistungen nach dem SGB II und XII. Doch auf welcher Grundlage die Angemessenheit festgestellt wurde, ist doch sehr fragwürdig, da sie sich am Mietspiegel orientiert und nicht nach dem tatsächlichen Bedarf.Die Linksfraktion hatte erst am Morgen desselben Tages die Antwort auf ihre kleine Anfrage – Wie viele Leistungsempfänger aus ihrem spärlichen Unterhalt von 409€ („Regelbedarf“) Kosten für die Unterkunft bestreiten müssen? - erhalten. Es ist nicht ersichtlich, wie die Stadtverordneten ohne diese Informationen die Entscheidung über die Angemessenheit fällen sollen. Die Entschuldigung seitens der Stadt durch Dezernentin Akdeniz folgte auch prompt. Es sei zum Einen eine komplexe Anfrage gewesen, die eine längere Bearbeitung erfordert hätte; zum Anderen sei es nicht möglich, dass Kommunen die Fehler der SGB-Gesetzgebung auffangen. Dies ist als allgemeine Aussage natürlich korrekt. Aber hier handelt es sich nicht um irgendeine Kommune, sondern um Darmstadt, das nicht nur einen Haushaltsüberschuss in Millionenhöhe aufweist, sondern auch noch zusätzliche Mittel durch die Abplanung der Darmbachoffenlegung zur Verfügung hat.

Der prominenteste Tagesordnungspunkt dieser StaVo war bekanntlich die Wahl der Dezernentinnen und Dezernenten. Während die Koalition, nicht anders zu erwarten, Lob über die Dezernenten ausschüttet, blieben die Kritikpunkte an den einzelnen Dezernenten_innen ungehört und unbeantwortet. Sozialdezernentin Akdeniz hat ohne Frage während der sogenannten Flüchtlingskrise gute Arbeit geleistet, aber es leider an sozialen Projekten, wie z. B. dem Sozialticket mangeln lassen. Stadtkämmerer Schellenberg legt zwar einen ausgeglichenen Produkthaushalt vor, aber das auf Kosten von Einsparungen im sozialen Bereich, wie den Stadtteilbibliotheken. Bei Dezernent Reißer wiederum fand sich keine Fraktion, außer der Koalition, in der Lage, etwas Positives zu benennen. Die Kritik an Reißer riss nicht ab, UFFBASSE bezeichnete ihn als „entscheidungsschwach“, die Linksfraktion, wie die SPD und FDP machten auf die Posse rund um die Allgemeinverfügung aufmerksam, mit welcher Reißer Frankfurter Fußballfans den Aufenthalt in Darmstadts Innenstadt rechtswidrig untersagen wollte. Auch die geplante Videoüberwachung auf dem Luisenplatz, die in Reißers Aufgabenbereich fällt, lässt einen an Reißers Qualitäten als Ordnungsdezernent zweifeln. Letzten Endes blieb die Kritik aber wirkungslos, vor allem weil niemand mehr genau weiß, ob es UFFBASSE oder wohl eher ANBASSE heißt. Kaum eine Fraktion, ausschließlich der Linksfraktion, hat schärfere Worte zur Ablehnung von Reißer als Dezernenten gefunden als UFFBASSE, nur um ihn einige Augenblicke später in seinem Amt zu bestätigen. UFFBASSE berief sich hier auf die Vereinbarung mit der Regierungskoalition.

Inwiefern UFFBASSE zum (un-)heimlichen Star dieser StaVo wird, zeigt auch die Wahl der/s Baudezernenten_in. Die Koalition aus CDU und Grüne hatten Frau Boczek, eine Architektin, und die SPD Herrn Gasper, einen Verwaltungsrichter, aufgestellt. Jürgen Barth von UFFBASSE nutzte die Redezeit seiner Fraktion in dieser Sache aber mehr als ungewöhnlich. Anstatt für einen der Kandidaten zu werben oder die folgende Entscheidung seiner Fraktion zu begründen, entschied sich Barth für einen dritten Weg, den öffentlichen Kuhhandel. Seiner Ansicht nach ist UFFBASSE generell „gegen den Kuhhandel“, aber sie werden Frau Boczek in einer Art Vertrauensvorschuss wählen, mit der Bitte, dass sie sich um die Glättung der Nieder-Ramstädter-Strasse kümmere. Mit gleich zweimaligem Kuhhandel in einer Stavo, scheint UFFBASSE nicht nur leicht mit den eigenen Prinzipien zu brechen, sondern hier verkommtPolitik tatsächlich zum Tauschhandel.

Dem Ganzen wurde noch durch die abermalige Behandlung der Veränderungssperre zur Entwicklung von Wohnungsbau für das Gebiet Artilleriestraße/Eschollbrückerstraße/Donnersbergring die Krone aufgesetzt. In der vorangegangenen StaVo wurde eine Veränderungssperre auf Antrag von UFFBASSE und Linksfraktion beschlossen, damit die Stadt nicht ihren Einfluss in diesem Gebiet verliert und an der Gestaltung zukünftigen Wohnraums mitbestimmen kann. Oberbürgermeister Partsch hat jedoch von seinem Recht Gebrauch gemacht, diesen Antrag erneut in der StaVo verhandeln zu lassen. Er beruft sich in seinem Widerspruch auf den § 14 Abs. 1 des Baugesetzbuches gegen den diese Veränderungssperre verstoßen soll. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass sich keiner der Anwesenden daran erinnern konnte, dass ein OB je einen Widerspruch gegen einen Beschluss einer Stadtverordnetenversammlung eingelegt hat. Die von der Linksfraktion und UWIGA, sowie der SPD vorgebrachten Einwände, dass man den §14 Abs. 1 gerade unter Berücksichtigung von Punkt 2 auch im Sinne einer städtischen Mitbestimmung in einem solchen Fall auslegen kann, wurde als geradezu „sozialistisch“ (CDU), zurückgewiesen. Interessanterweise stimmten die einstigen Mitantragsteller von UFFBASSE ohne vorherige Wortmeldung gegen ihren eigenen Antrag. Die Treue zur Regierungskoalition oder die Autorität des Oberbürgermeisters war dann wohl doch zu groß.