Smart City, Parkraumbewirtschaftung, Gewerbegebiete und Gleichstellungsbericht

Linksfraktion

Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 30.09.2021

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im September war in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem von der Wahl des fünften Dezernenten geprägt, der von Volt für dieses Amt vorgeschlagen wurde. Wir begründen warum wir uns für die Gegenkandidatin aus den Reihen der SPD entschieden haben.

Wichtige Themen, zu denen wir während der Sitzung Stellung genommen haben, war die geplante Entwicklung von Gewerbegebieten in Arheilgen und Wixhausen, das Anwohnerparken im Woogsviertel, die schlechte Kommunikation des Magistrats bei der „Smart City“ und
der Gleichstellungsbericht.

Erfreulich war, dass wir zwei sinnvolle Trassen für den Raddirektweg aus Frankfurt beschließen konnten. Unsere Fraktion hatte Anfang 2018 durch einen Antrag bewirkt, dass der damalige, mangelhafte Vorschlag für eine Streckenführung nochmal überarbeitet wird.

Mit solidarischen Grüßen

Karl-Heinz Böck, Martina Hübscher-Paul, Maria Stockhaus,
Uli Franke, Ann-Christine Sparn-Wolf


1. Smart City

Es ist erfreulich, dass Darmstadt als eine von 32 Städten Sondermittel des Bundes
für die Digitalisierung der Stadtentwicklung erhalten soll. Der Zuschuss beläuft sich auf 13,2 Mio. Euro in fünf Jahren, die Stadt muss 1,5 Mio. selbst aufbringen. Das ist sehr viel Geld, und wir hätten gerne eine Vorstellung bekommen, was damit unternommen werden soll. Leider beschränkte der Magistrat sich wie bei den Vorlagen zu diesem Thema üblich auf Allgemeinplätze - was die Stadt mit den „Smart City“-Projekten konkret erreichen will und welche Maßnahmen im Einzelnen vorgesehen sind, darüber schwieg sich die Vorlage aus.

Uli hat die Kommunikation zu Smart City in Darmstadt mit den Veröffentlichungen in anderen Städten verglichen und stellte in seiner Rede fest: „Ich fühle mich besser informiert darüber, was in Gütersloh mit den Mitteln passieren soll als in der Stadt, für deren Entscheidungen ich mitverantwortlich bin“

In den von der Stavo beschlossenen „Ethischen Leitplanken“ zur Digitalisierung heißt es: „Die Zielsetzung, Entwicklung, Durchführung und Nutzung von Digitalisierungsprojekten muss […] der parlamentarisch kontrollierten Selbstverwaltung unterliegen.“ Wir finden, dass unsere Stadtregierung und insbesondere unser Oberbürgermeister, der bislang für Digitalisierung zuständig ist, diese Anforderung beharrlich ignoriert.

Wir haben zunächst beantragt, dass die Vorlage nachgebessert wird, was aber natürlich nicht durchkam. Weil wir nicht gegen den Ausbau von digitalen Infrastrukturen in unserer Stadt stimmen wollten, aber auch das Abnick-Verfahren bei der Digitalstadt nicht weiter hinnehmen wollen, haben wir uns bei der Endabstimmung enthalten.

2. Parkraumbewirtschaftung

Für das Woogsviertel wurde die Einführung einer Parkraumbewirtschaftung mit Anwohnerparken beschlossen. Wir unterstützen diese grundsätzlich und erkennen sie als notwendige Maßnahme der Verkehrswende an. Die wesentlichen Argumente sind die Reduktion des Parksuchverkehrs, die relative Attraktivitätssteigerung des ÖPNV sowie die bessere und sichere Nutzung des öffentlichen Raums durch Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und mobilitätseingeschränkte Personen.

Maria hat in ihrer Rede deutlich gemacht, dass es einen Unterschied zwischen Luxus- und Subsistenzemissionen gibt. Die einen können ohne echte Einschränkungen vermieden werden, die anderen sind Ergebnis der notwendigen Aktivität zur Sicherung u.a. des Lebensunterhalts. Aus diesem Grund fordern wir eine Umsetzung der Gebühren u.a. für das Anwohnerparken nach Größe des Fahrzeuges; d.h. ein SUV muss mit deutlich höheren Beträgen belegt werden als kleinere Autos. Dies spiegelt indirekt auch die Einkommensverhältnisse der Besitzer*innen wieder. SUV’s sind deutlich klimaschädlicher als andere Mittelklassewagen und verursachen im Schnitt 20% höhere CO2-Emissionen. Sie sind größer und verbrauchen daher auch mehr öffentlichen Raum, der anderen Nutzer*innen nicht mehr zur Verfügung steht. Und aufgrund ihrer Höhe sind sie zusätzlich ein erhebliches Sicherheitsrisiko für alle, die nicht im Auto sitzen. In Tübingen wird für PKW im Format eines SUV’s künftig statt der regulären 120 EUR eine Jahresgebühr von 180 EUR erhoben.

Eine einfache Gebührenerhebung kann daher nicht alles sein, denn wir als LINKE stehen auch für eine sozial gerechte Ausgestaltung der Verkehrswende sowie für eine klare Perspektive auf die Verursacher*innen. Wir wollen darauf hinwirken, dass die Regeln für die Parkraumbewirtschaftung in allen Stadtteilen entsprechend verändert werden.

3. Gewerbeflächenbedarfsanalyse / Gewerbegebiete in Arheilgen und Wixhausen

Die Stadtverordneten mussten eine Vorlage zur Kenntnis nehmen, die einen Bedarf an neuen Gewerbeflächen von etwa 150 Hektar feststellt. Es ist klar und wird in dem Gutachten auch so gesagt, dass dafür Ackerflächen in Arheilgen West und Wixhausen Ost bereit gestellt werden sollen. Wir haben dafür gesorgt, dass dieses Gutachten diskutiert wurde und haben zur Schärfung der Debatte einen ausführlichen Antrag dazu vorgelegt.

Uli kritisierte in seiner Rede, dass das Gutachten von einem Wachstum der Stadt ausgeht, das ohne diese Gewerbeflächen gar nicht möglich wäre. Es handelt sich nicht um einen unabwendbaren Bedarf, sondern um ein Potential für Gewerbeansiedlung. Wir lehnen die Schaffung eines weiteren Gewerbegebiets ab, und zwar zum einen aus ökologischen Gründen, Stichworte: Flächenversiegelung, regionale Nahrungsmittelversorgung, Erhalt von Lebensräumen für die Tierwelt und von Erholungsräumen für die Menschen. Außerdem wird neues Gewerbe den Druck auf den Wohnungsmarkt erhöhen, weiteren Flächenbedarf erzeugen und die Verkehrsinfrastruktur zusätzlich belasten.

Stattdessen plädierten wir für eine konsolidierende Wirtschaftsentwicklung in unserer Stadt und für Kooperation statt Konkurrenz innerhalb unserer Metropolregion. Es gibt in anderen Städten bereits versiegelte Industrieflächen, die z.B. durch Abwanderung frei werden. Dort sollten sich Unternehmen ansiedeln – das ist nicht nur ökologisch günstiger, sondern dient auch dem sozialen Ausgleich. Unser Antrag forderte eine neue Flächenbedarfsanalyse, die nicht die Ansiedlungspotentiale, sondern die Bedürfnisse der ansässigen Unternehmen ermittelt, sowie die Abschätzung der Folgen einer Gewerbe-Neuansiedlung für den Verkehr, für weiteren Wohn-Flächenbedarf und für die Mietpreisentwicklung. Unterstützt wurde unser Antrag von der SPD und teilweise von den Listen der Bürgerinitiativen.

4. Gleichstellungsbericht

Die Stadtverordneten sollten den Gleichstellungsbericht zur Kenntnis nehmen und die Handlungsansätze - den Arbeitsauftrag an die Zukunft – beschließen. Anni betonte in Ihrer Rede die Wichtigkeit des Themas und machte auf zwei Schwerpunkte aufmerksam, die der Fraktion besonders am Herzen liegen. Zum einen forderte sie eine deutlichere Investition in Krippenplätze, da eine Versorgungsquote von 44% die Darmstädter/innen in ihrem Arbeitsleben weiterhin systematisch benachteiligt. Zum anderen betonte sie die Wichtigkeit des Frauenhauses und kritisierte die zu geringe Finanzierung. Der Bedarf an weiteren Schutzwohnungen und entsprechendem Personal könne nicht gedeckt werden. Die Rede fand einigen Applaus, und wir hoffen, dass sich hier demnächst einiges tun wird.

5. Wahl des neuen Dezernenten für Schule und Digitalisierung

Nachdem die Koalition durch die Abwahl von Rafael Reißer in der Sitzung vor den Sommerferien Platz im Schuldezernat geschaffen hat, wurde dieses nun neu besetzt. Seitens der Koalition war dieser Platz für Volt vorgesehen. Mit Holger Klötzner hatte Volt einen Wirtschaftsinformatiker und Unternehmer aufgestellt, der hauptsächlich im Bereich der Digitalisierung Kompetenzen aufweist. Schule und Bildung sind für diesen Kandidaten Neuland. Aus unserer Sicht ist das der falsche Fokus: auch wenn die Kommune in erster Linie für die Infrastruktur der Schulen zuständig ist, sollte ein Schuldezernent doch einen größeren Erfahrungsschatz im „System Schule“ aufweisen als die eigene Schulzeit. Außerdem waren wir unzufrieden, dass der neue hauptamtliche Magistrat dann doch wieder einen Männeranteil von 80% hätte. Karl-Heinz hat beides in seinem Redebeitrag thematisiert.

Die SPD hatte diesmal eine alternative Kandidatin zur Kandidatur bewogen: Tanja Pfenning, die Geschäftsführerin des Landeselternbeirats Hessen. Ihr Profil passt deutlich besser zum Schwerpunkt des Dezernats. Deshalb haben wir ihr unsere Stimmen gegeben. Tanja Pfenning sammelte am Ende achtbare 23 Stimmen, während Holger Klötzner exakt die 36 Stadtverordneten der Koalition hinter sich hatte.