Haushalt 2017, Darmbach, San Antonio, Initiative 57

Bericht von der StaVo am 15.12.2016

Auf der letzten Stadtverordnetenversammlung wurde, wie nicht anders zu erwarten, der Haushalt 2017 durch ein Bündnis von Grünen, CDU und Uffbasse genehmigt. Doch trotz des Erwartbaren gibt es viel Unerwartetes zu berichten.


Der größte Erfolg der letzten Stadtverordnetenversammlung gleich zu Beginn. Der gemeinsame Antrag der Fraktionen Die Linke, SPD, FDP und Uwiga zur Abplanung der Darmbachoffenlegung ist angenommen worden. Damit sind nicht nur 8,4 Mio € eingespart worden, Geld, das dringend im sozialen Bereich benötigt wird, sondern auch die Bürger Darmstadts werden in den nächsten Jahren nicht zusätzlich belastet. Die Darmbachoffenlegung hätte der Stadt Einsparung bei den Abwasserkosten gebracht, diese wäre aber direkt auf den Bürger durch eine Erhöhung der Abwasserkosten umgelegt worden.


Leider ist der Antrag Sozialticket nicht auf Zustimmung gestoßen. Uffbasse ließen sich von genauen Berechnungen und den Erfahrungswerten anderer Städte mit dem Sozialticket nicht überzeugen. Die im verabschiedeten Haushalt 2017 eingetragenen 300.000 € für die Einführung eines Sozialtickets sind nichts weiter als Kosmetik. Eine sinnvolle Lösung für Mobilität aller Bevölkerungsschichten ist damit nicht zu finanzieren.


Auch auf Ablehnung ist die seit Jahren überfällige Erhöhung der Gewerbesteuer gestoßen. Den Unternehmen in Darmstadt ging es nie besser und doch wartet man auf eine dadurch erhöhte Beteiligung an der Finanzierung der Kommune vergeblich. Darmstadt weist im Vergleich zu den anderen hessischen Großstädten die geringste Differenz in Sachen Gewerbesteuer zu seinem Umfeld auf. Der Linksfraktion wäre es lediglich an einer Angleichung in diesem Sinne auf einen Hebesatz von 450 gelegen gewesen. Zwar gab die Koalition zu, dass kein Unternehmen durch einen höheren oder niedrigeren Hebesatz in seiner Standortentscheidung beeinflusst wäre, aber trotzdem wurde der Antrag abgelehnt. Hier scheint die „Willkommenskultur“, welche doch für Geflüchtete gedacht war, sich für Unternehmen durchgesetzt zu haben.


Beim Thema Städtepartnerschaft mit San Antonio wurde es aufregend. Trotz des mehrfachen Eingreifens des Oberbürgermeisters in die Diskussion zeichnete sich bald ab, dass es eine knappe Entscheidung würde. Dies ist nicht weiter verwunderlich. Darmstadt gehört seit 2010 dem Bündnis „Städte für das Leben – Städte gegen die Todesstrafe“ an und setzte damit ein klares Zeichen. Doch bei der allerersten Gelegenheit will die Koalition dieses Statement wieder einkassieren und eine Städtepartnerschaft mit San Antonio /Texas eingehen. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA gab es allein in Texas weit über 500 Exekutionen. Der Regierungsbezirk Bexar County, dessen Hauptstadt San Antonio ist, zählt bis heute gut 40 vollstreckte Todesurteile und steht damit an 3. Stelle in Texas und den USA! Das Geld, dass man hier in eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt steckt, die sicherlich nicht die gleichen Ziele in Sachen Menschenrechte verfolgt wie Darmstadt, wäre in einem Wiederaufleben der bestehenden Partnerschaften sinnvoller eingesetzt. Die demokratischen Kräfte in unserer türkischen Partnerstadt Bursa brauchen die Solidarität Darmstadts dringender als San Antonio. Am Ende setzte sich aber leider ein knappes Bündnis aus Grünen/CDU und FDP aus Angst vor Schaden für das „transatlantische Bündnis“ durch. Damit ist wieder eine Chance vertan die Menschenrechte vor die Interessen wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Akteure zu stellen.


Darüber hinaus ist noch von einem weiteren Erfolg zu berichten. Die Stadtverordnetenversammlung hat dem Antrag der Linksfraktion und SPD zugestimmt, die Forderungen der „Initiative 57 Darmstadt verdoppelt“ nachzugehen und 57 Flüchtlinge im Rahmen des  „Relocation-Programms der UN-HCR“ aus griechischen Flüchtlingslagern nach Darmstadt zu holen. Allein in Griechenland leben zur Zeit zehntausende Menschen in  Massenlagern in unerträglichen Zuständen. Laut Pro Asyl sind seit Inkrafttreten des sogenannten „EU-Türkei-Deals“ die völlig überfüllten Auffanglager de facto Haftlager. Die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal, von baulichen Sicherheitsmaßnahmen ganz zu Schweigen. Das Relocation-Programm, geschaffen um das von der Eurokrise gebeutelte Griechenland zu unterstützen, ist bisher nur zaghaft angelaufen. Der Beschluss Darmstadts, 57 weitere Flüchtlinge aufzunehmen ist zwar nur ein kleiner Schritt, aber wenigstens in die richtige Richtung.


Zum Schluss noch eine Randbemerkung zu einer Sache, die sich am Rande abspielte. Während der abendlichen Pause wurden, wie jedes Jahr, Spenden gesammelt. Dieses Mal für „Krank auf der Straße“, ein Projekt zur medizinischen Versorgung von Obdachlosen, das dringend Unterstützung verdient. Doch wenn die Stadtverordneten feststellen, dass die Obdachlosen in Darmstadt dringend Unterstützung bedürfen, warum geschieht dies dann in Form einer Spendensammlung, bei der sich die Stadtverordneten nicht nur am Buffet den Bauch vollschlagen, sondern gleichzeitig auch noch das Gewissen erleichtern können? Sicher wäre „Krank auf der Straße“ besser geholfen, wenn im Haushalt 2017 die Aufwendungen für Obdachlose wesentlich erhöht worden wären, aber dann hätten die Stadtverordneten ja nicht freudestrahlend Spenden können.