Pressemitteilung "Magistrat orientierungslos bei Versammlungsrecht vor Darmstadtium"
Angeblich sei für die Genehmigung von Kundgebungen auf dem Marion-Gräfin-Dönhoff-Platz die Zustimmung der Darmstadtium-Betreibergesellschaft erforderlich
Am 7.9.2013 anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung von Volker Bouffier eine Protestaktion vor dem Darmstadtium stattfinden. Die Stadt Darmstadt entschied, die Aktion nicht auf dem gewünschten Platz, sondern nur auf dem weit entfernten und durch die Alexanderstraße vom Darmstadtium abgetrennten Karolinenplatz zuzulassen. Dadurch verlor die Kundgebung ihren Bezug zum Adressaten. Das von der Polizei energisch durchgesetzte Versammlungsverbot rief Ärger und Unverständnis beim Veranstalter, bei den Teilnehmern der Aktion und auch bei den anwesenden Medienvertretern hervor. Auch der zufällig vorbeigekommene Oberbürgermeister zeigte sich verwundert.
DIE LINKE hat beim Magistrat nachgefragt, auf welcher Grundlage über Versammlungen vor dem Darmstadtium entschieden wird. Es kamen zwei komplett widersprüchliche Antworten (siehe Anlage):
Der Platz steht durch Untererbbaurecht im Eigentum der Betreibergesellschaft des Darmstadtiums.
Nach Auffassung von Brigitte Lindscheid ergebe sich daraus lediglich eine Anzeigepflicht, und dies auch nur, wenn dadurch Spontan- und Eilversammlungen nicht verhindert werden.
Яafael Яeißer hingegen begründete das unter seiner Verantwortung ausgesprochene Versammlungsverbot damit, dass der Platz nicht von der Stadt, sondern von der Betreibergesellschaft vergeben werde. Daher sei eine Zustimmung der Betreibergesellschaft erforderlich, die diese in dem vorliegenden Fall aber nicht erteilt habe.
Für die Stadtverordnete Martina Hübscher-Paul ist es unglaublich, mit welcher Leichtfertigkeit die Stadt mit dem Versammlungsrecht umgehe. "Wenn die Stadt bei ihrer Verbotspraxis bleibt, dann kann der Betreiber einer Veranstaltungsstätte aufgrund seines Eigentums an einem öffentlich genutzten Platz Demonstrationen und Aktionen mit Bezug zu seinen Veranstaltungen untersagen." Ein Veranstalter könne sich, so Hübscher-Paul, aus der Konfrontation mit Demonstrationen herauskaufen. Dadurch werde das Versammlungsrecht ausgehöhlt. "Bei einer Stadtregierung, die sich Transparenz, Bürgerbeteiligung und eine lebendige politische Kultur auf die Fahnen schreibt, müssten nach dem Bekanntwerden dieser Situation die Alarmglocken läuten. Stattdessen schaffen es die zuständigen Dezernenten nicht einmal, sich auf eine einheitliche Bewertung der Rechtslage zu einigen."
In einer weiteren Anfrage fordert DIE LINKE eine einheitliche Bewertung der Rechtslage und verlangt Auskunft über den Ablauf des Genehmigungsverfahrens für Demonstrationen vor dem Darmstadtium.
Aufgrund eigener Recherchen geht DIE LINKE davon aus, dass die Ausführungen von Brigitte Lindscheid zutreffend sind und Rafael Reißers Verbot keine Rechtsgrundlage hatte. Das würde bedeuten, dass Rafael Reißer auf rechtwidrige Weise seinem Parteifreund Volker Bouffier im Wahlkampf Demonstranten vom Hals geschafft hat.
Martina Hübscher-Paul: "Sollte die Stadt dabei bleiben, auch künftig Versammlungen auf dem Marion-Gräfin-Dönhoff-Platz von der Zustimmung des Darmstadtium-Betreibers abhängig zu machen, werden wir diese Praxis bei nächster Gelegenheit gerichtlich überprüfen lassen. In diesem Sinne ermuntern wir alle Organisationen und politischen Bündnisse, sich künftig nicht widerspruchslos von der Stadt ins Abseits auf den Karolinenplatz drängen zu lassen."