Pressemitteilung: "Bearbeitungsrückstände gefährden den Lebensunterhalt der betroffenen Bürgerinnen und Bürger"
Zu den Zuständen in der Darmstädter Ausländerbehörde
Die beiden ASten der TU und der H_DA kritisieren in einer Pressemitteilung „unzumutbare Zustände bei der Ausländerbehörde Darmstadt“. Zeitgleich beantwortet Ordnungsdezernent Rafael Reißer eine kleine Anfrage der Linksfraktion zu Wartezeiten und Bearbeitungsrückständen bei dieser Behörde. Der Hessische Rundfunk hat bereits über beides berichtet. Dazu erklärt die Fraktion DIE LINKE in der Stadtverordnetenversammlung:
Die Antwort auf die Anfrage gebe erfreulich offen einen Einblick in die Ursachen der Zustände, die die ausländischen Studierenden und andere Menschen ohne EU-Pass leider seit Jahren in der Darmstädter Ausländerbehörde erleben und erleiden müssen: eine Verfahrensdauer bis zu 5 Monaten für eine Aufenthaltserlaubnis und eine Wartezeit von 6 Wochen auf eine sogenannte Fiktionsbescheinigung, die als vorübergehender Ersatz eigentlich sehr schnell ausgestellt werden sollte. Auch die Wartezeit von bis zu 8 Monaten auf einen ersten Termin für die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft sei jenseits von Gut und Böse. So lange dürfe der gesamte Vorgang dauern, aber keinesfalls das Warten auf den ersten Termin.
Ende Januar standen laut Reißers Antwort 3.658 gestellte Anträge einer monatlichen Bearbeitungskapazität von etwa 400 Vorgängen gegenüber. Das sei absolut erschreckend. Selbst wenn es durch die im November getätigten Neueinstellungen gelingen sollte, diese Zahl zu verdoppeln, werde sich an der derzeitigen Wartezeit kaum etwas ändern. Der Stadtverordnete Uli Franke, der die Fragen gestellt hat, erklärt: „Es ist ein schweres Versäumnis des Dezernenten, dass er einen derartigen Rückstau zugelassen hat, ohne Alarm zu schlagen. Die Schaffung von 1,5 neuen Stellen kommt viel zu spät und ist offensichtlich nicht ausreichend. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, warum durch Mutterschutz und Elternzeit frei gewordene Stellen nicht lückenlos besetzt werden können, wenn der Zeitraum für die Einstellung neuen Personals zwei bis drei Monate beträgt.“ Leider sei auch durch technische Unterstützung keine Verbesserung zu erwarten, da die Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge sich offenbar weiterhin in der Möglichkeit zur Kontaktaufnahme per Email erschöpfen solle.
Diese Bearbeitungsrückstände gefährden den Lebensunterhalt der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Dabei hilft ihnen der Hinweis des Dezernenten wenig, dass der abgelaufene Aufenthaltstitel auch ohne schriftlichen Nachweis weiter gültig ist, denn Arbeitgeber und sogar das Jobcenter bestünden weiterhin auf schriftliche Unterlagen.
Gravierend seien die Aussagen des Dezernenten zur Arbeitssituation in seiner Behörde. Was den Beschäftigten dort offenbar geboten werde sei das Gegenteil von „Guter Arbeit“: „massiver Arbeitsdruck“ aufgrund der Bearbeitungsrückstände und dazu eine geringere Bezahlung als in den benachbarten Kreisen. Auch die Zurückhaltung der Stadt bei der Einführung von Homeoffice treibt laut Reißer manche Beschäftigten zum Wechsel in andere Kommunen. Dies alles seien hausgemachte Ursachen für die hohe Fluktuation (15% des Personals allein in 2020), die zum Verlust an Fachwissen führe, und für den Mangel an qualifizierten Bewerbungen bei Neueinstellungen. Für Franke sind das „skandalöse Zustände für die Menschen auf beiden Seiten des Schreibtischs. So darf es in der Ausländerbehörte nicht weitergehen.“
Als Lösungsansatz fordert die Fraktion den schnellen Ausbau des Online-Zugangs zu den Diensten der Stadtverwaltung, der bei der Ausländerbehörde beginnen sollte. Dies sei wichtiger als beispielsweise die füllstandsabhängige Leerung von Mülltonnen und müsse endlich Vorrang bekommen bei der Umsetzung der „Digitalstadt“.
Entscheidend sei aber, so der Stadtverordnete Uli Franke, „die Personalstärke endlich dem Bedarf anzupassen. Wir fordern, dass die Ausländerbehörde schnellstmöglich um mehrere Stellen aufgestockt wird. Wir werden außerdem bei den nächsten Haushaltsberatungen eine höhere Eingruppierung der Stellen beantragen, so wie es in den benachbarten Landkreisen bereits der Fall ist.“
Insgesamt müsse geklärt werden, in welchen Bereichen die Stadt ihre Beschäftigten schlechter eingruppiert als andere Kommunen. Bei den Erzieherinnen und Erziehern sei seit langem bekannt, dass Darmstadt hinter anderen Städten zurückbleibt. Nun sei dies auch auch in der Ausländerbehörde bekannt geworden. In einer reichen Stadt mit hohen Lebenshaltungskosten erwarte die Linksfraktion, dass mögliche Spielräume bei der Eingruppierung nach oben genutzt werden.