Beitragsfreie Kindergärten

Darmstadt traut sich nicht

Bei den OB-Wahlkämpfen in Kassel und Darmstadt treten zwei Kandidaten mit der Forderung nach beitragsfreien Kindergartenplätzen in Erscheinung. Ist es in Kassel der SPD-Kandidat Bertram Hilgen, der die Forderung nach Nulltarif im Kindergarten erhebt, so fordert dies in Darmstadt Wolfgang Gehrke von der CDU.

Unsere Fraktion findet diese Forderung gut. Nicht nur weil sie schon Bestandteil in unserem Kommunalwahlprogramm aus dem Jahre 2001 war. Sondern weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Der Kindergarten als soziale Einrichtung gleicht herkunftsbedingte Unterschiede aus, erhöht die Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten Familien, bereitet Jungen und Mädchen auf die Schule vor und ermöglicht es berufstätigen Eltern, mit ihrer Arbeitskraft und dem daraus resultierenden Steueraufkommen zur Finanzierung des Gemeinwesens beizutragen. Je mehr Kinder den Kindergarten besuchen, desto besser ist das für eine Gesellschaft, die auf Integration und eine hohe Qualität der Bildung angewiesen ist. Gerade für Familien aus sozial benachteiligten Familien ist dies wichtig.

Allerdings scheint dieses berechtigte Anliegen im OB-Wahlkampf gerade von der Darmstädter CDU nur populistisch und keineswegs ernst gemeint zu sein. Wie anders ist zu erklären, wenn der CDU-Kandidat in der Lokalpresse erklärt, die CDU-Fraktion würde keinen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung einbringen. Gehrke am 04.11.2004 in diesem Pressebericht: "Dieser Antrag würde sowieso abgelehnt."

Nachdem unsere Fraktion schon im Dezember 2004 einen solchen Antrag eingebracht hatte sah sich auch die CDU genötigt nachzuziehen. Ende Januar reichte sie einen Antrag ein, der neben der Forderung nach beitragsfreien Kindergärten noch mit zahlreichen anderen Forderungen von preiswertem Bauland bis zur Aufforderung, für ein Leben mit Kindern zu werben, garniert war.

Die Debatte im Stadtparlament war dementsprechend. Sie führte am Kern der Sache vorbei, man redete über vieles, die eigentliche Forderung wurde zur Nebensache.

Ihr Herz für die sozial Schwachen entdeckte plötzlich die SPD. Beitragsfreie Kindergärten würden auch den "Reichen" (MdL Michael Siebel) zu gute kommen. Hätte man sich nur bei der Einführung von Hartz IV die gleichen Gedanken gemacht!

Unser Antrag, in der Presse fälschlicherweise als "Parallelantrag" tituliert, wurde ebenso abgelehnt wie der CDU-Antrag. Interessanterweise stimmte auch die CDU gegen unseren Antrag, obwohl er im wesentlichen die gleiche Forderung enthielt.

Die Stadtverordnetenversammlung hat meiner Meinung nach eine Chance verspielt. Hier wäre die Möglichkeit gewesen, die in den Haushaltsberatungen oft zitierten Schwerpunkt Kinder und Bildung praktisch umzusetzen. Natürlich ist die Finanzierung problematisch. Die Stadt müsste 4 Millionen Euro investieren. In Zeiten der Haushaltsprobleme sicher kritisch. Leider gibt man für Prestigeobjekte ein Vielfaches aus. Kostenlose Kinderbetreuung wäre eine echte Investition in die Zukunft gewesen. Aber den handelnden Personen fehlt es an Mut diesen Schritt zu gehen.

Rainer Keil, DKP Darmstadt