Maßgabeantrag "Gewerbeflächenbedarfsanalyse nicht als Planungsgrundlage nutzen"

Linksfraktion

zur Vorlage Nr. 2021/0232 Gewerbeflächenbedarfsanalyse

Die Stadtverordnetenversammlung stellt fest,

  • dass die vorgelegte Analyse auf einer Schätzung des Wachstums der Beschäftigtenzahl in Darmstadt beruht, die ohne die Errichtung weiterer Gewerbegebiete nicht erreicht werden könnte. Sie hat somit nicht den Bedarf der Darmstädter Bevölkerung und Wirtschaft ermittelt, sondern vielmehr das Potential für eine Erweiterung der Gewerbeflächen der Stadt abgeschätzt.
  • dass die Errichtung neuer Gewerbeflächen in Arheilgen West und Wixhausen Ost Ackerflächen versiegeln und unwiederbringlich zerstören würde, mit erheblichen Folgen für die regionale Versorgung mit Nahrungsmitteln, für die Biodiversität und für die Klimaresilienz. Dieser hohe Preis ist gründlich und fundiert abzuwägen mit dem Nutzen, den zusätzliche Gewerbeflächen für den Haushalt und für die Stadtgesellschaft erbringen könnten.
  • dass es sehr fraglich ist, ob die Schaffung neuer Gewerbegebiete in einer bereits stark verdichteten Stadt mit geringem Potential für Außenwachstum und hohen Wohnungspreisen zu einer überdurchschnittlichen Nähe von Wohnen und Arbeiten führen wird. Neue Pendlerströme bewirken eine zusätzliche Belastung der Darmstädter Verkehrsinfrastruktur, deren Umbau bereits in der bestehenden Situation eine Herausforderung darstellt.
  • dass neue Gewerbeansiedlungen und die damit verbundenen Arbeitsplätze zusätzlichen Druck auf den Darmstädter Wohnungsmarkt zur Folge haben und die Entspannung der Mietpreise durch die aktuellen Neubaugebiete zunichte machen können. Ein Wachstum um 18.000 Arbeitsplätze kann auch weiteres Außenwachstum der Stadt erzwingen und in der Zukunft weitere Natur- und Erholungsflächen kosten.
  • dass die Nutzung bestehender, aufgrund von Strukturwandel oder Abwanderung leer stehender, bereits versiegelter industrieller Gewerbeflächen im erweiterten Rhein-Main-Gebiet Vorrang haben sollte vor der Ausweisung neuer Flächen. Um die ökologische Belastung zu minimieren und eine regionale Spaltung zu vermeiden, muss die Konkurrenz um Gewerbesteuereinnahmen zurückstehen hinter einer kooperativen Gestaltung der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Region.

Die Stadtverordnetenversammlung beschließt, dass der Magistrat die vorgelegte Analyse aufgrund der Mängel und Einseitigkeiten nicht ohne Weiteres als Grundlage weiterer Planungen für die städtebaulichem Entwicklungsmaßnahmen Arheilgen West und Wixhausen Ost verwenden soll. Sie fordert für eine fundierte Bewertung der Notwendigkeit dieser Maßnahmen die Beauftragung weiterer Untersuchungen, insbesondere:

  • eine zusätzliche, auf Konsolidierung der wirtschaftlichen Entwicklung ausgelegte Flächenbedarfsanalyse für die in Darmstadt angesiedelten Unternehmen und Branchen. Zu betrachten sind dabei die bestehenden leerstehenden oder mindergenutzten Gewerbeflächen in öffentlichem und privatem Eigentum, der absehbare Erweiterungsbedarf der Darmstädter Wirtschaft sowie mögliche Betriebsschließungen oder ‑verkleinerungen.
  • eine Machbarkeitsstudie für verschiedene Standorte eines oder mehrerer neuer Straßenbahndepots der HEAG mobilo.
  • eine Folgenabschätzung des Wachstums der Stadt um ca. 18.000 Arbeitsplätze im Hinblick auf die Verkehrsinfrastruktur, auf den Flächenbedarf für weitere Wohnbebauung und auf die Mietpreisentwicklung.
  • eine Regionalstudie, die Leerstände und Konversionsbedarf von Industrieflächen im erweiterten Rhein-Main-Gebiet ermittelt oder abschätzt.