Große Anfrage "Arbeitsverhältnisse bei der SSG"

Linksfraktion

Vorbemerkung

In der „Stadtwirtschaftsstrategie 2025 der Wissenschaftsstadt Darmstadt“ wird im Abschnitt 3.8 (S. 18) formuliert: „Die Wissenschaftsstadt nimmt ihre soziale Verantwortung im Stadtkonzern wahr. Die Unternehmen der Stadtwirtschaft sind verantwortungsvolle Arbeitgeber. Hierzu gehören wettbewerbsfähige Löhne und Gehälter, Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und die Minimierung von Leiharbeitsverhältnissen. Wettbewerbsfähige Löhne und Gehälter gehen mit tarifvertraglichen Regelungen einher. Tarifflucht ist nicht zulässig. Auf sachgrundlose Befristungen wird nach Möglichkeit verzichtet.“

Diese Selbstverpflichtung ist sehr zu begrüßen. Leider wird sie nach unserer Kenntnis nicht in allen Bereichen der Stadtwirtschaft eingehalten. Insbesondere im Geschäftsfeld Gesundheit haben sich zuletzt Beschäftigte an die Öffentlichkeit bzw. an die Fraktionen gewandt, um auf einen Mangel an sozialer Verantwortung ihres städtischen Arbeitgebers hinzuweisen.

Mit der folgenden Großen Anfrage wollen wir die Qualität der Arbeitsverhältnisse in den problematischen Bereichen klären, um eine Grundlage zu schaffen für die Beseitigung dieser Missstände.

 

Die Fraktion fragt den Magistrat:

A. Tarifbindung bei Starkenburg Service GmbH (SSG)

1.
Laut Aussage im Beteiligungsbericht der Wissenschaftsstadt Darmstadt für das Geschäftsjahr 2019 werden 251 Beschäftigte der SSG als tarifgebunden verzeichnet (S. 340). Nach welchen Tarifwerken werden diese Beschäftigten der SSG bezahlt? Handelt es sich jeweils um eine verbindliche, mit einer Gewerkschaft abgeschlossene Vereinbarung, oder wird der Tarifvertrag freiwillig angewendet?

2.
Worin besteht grundsätzlich der Unterschied zwischen „Tarifbindung“ und „Anlehnung an Tarifbindung“ bei den Personal-Kennzahlen der städtischen Unternehmen im Beteiligungsbericht?

3.
Erhalten die als tarifgebunden ausgewiesenen Beschäftigten der SSG die tariflich vereinbarten Erhöhungen des Grundlohns und der Zuschläge zum dem Zeitpunkt, der in den unter (1) genannten Tarifverträgen vorgesehen ist?

4.
Werden die Erfahrungsstufen für diese Beschäftigten entsprechend dem Tarifvertrag umgesetzt?

5.
Erfolgt die Eingruppierung der Beschäftigten nach tariflichen Regelungen, und wenn ja, um welchen (Rahmen-)Tarifvertrag handelt es sich? Wenn nein, sind im Gehaltsgefüge der Reinigungskräfte Differenzierungen nach Arbeitsplätzen vorgesehen, wie Reinigung im Außenbereich, Reinigung im Krankenhaus und Reinigung in OP-, Isolier-, Intensiv- und Dialyse-Räumen?
 

B. Lohnentwicklung in nicht-tarifgebundenden Arbeitsverhältnissen bei der SSG

6.
Laut Beteiligungsbericht gibt es bei der SSG 40 Beschäftigte mit Arbeitsverträgen ohne Tarifbindung. Aufgrund welcher besonderen Situation oder Eigenschaft werden gerade diese Beschäftigten nicht tariflich bezahlt?

7.
Nach welchen Regeln erfolgen die regulären Lohnsteigerungen der nicht-tarifgebundenen Beschäftigten bei der SSG?

8.
Wie viele der tariflosen Beschäftigten der SSG haben seit mindestens drei Jahren keine Lohnerhöhung mehr erhalten? Wie viele müssen seit fünf Jahren und wie viele seit acht Jahren ohne Lohnerhöhung auskommen?

9.
Laut Beteiligungsbericht sind etwa ein Drittel (96 von 291) der SSG-Beschäftigten befristet eingestellt. Handelt es sich um sachgrundlose Befristungen? Was sind die Gründe für den hohen Anteil der befristeten Beschäftigung?

C. Arbeitsverhältnisse beim Medizinischen Versorgungszentrum am Klinikum Darmstadt (MVZ)

10.
Laut Beteiligungsbericht werden alle 35 Beschäftigten des MVZ am Klinikum Darmstadt in tariflosen Arbeitsverhältnissen beschäftigt (S. 336). Aus welchem Grund wurde entschieden, im MVZ auf eine Tarifbindung zu verzichten?

11. Nach welchem Gehaltssystem werden die Beschäftigten des MVZ vergütet?

D. Corona-Prämien in der SSG

12.
Wurden die Corona-Prämien nach § 26d KHG an alle Beschäftigten der SSG ausgezahlt, die Kontakt mit Corona-Patient*innen hatten? Wenn nein, nach welchen Kriterien wurde ein Teil der Beschäftigten nicht berücksichtigt? Wurden diese Kriterien den Beschäftigten transparent gemacht?

E. Wegfall von Stellen bei der SSG

13.
Bundesweit wird berichtet, dass sogar während der Corona-Pandemie im Bereich der patientenfernen Dienstleistungen Stellen gestrichen werden (z.B. Sana-Konzern). Wurde auch bei der SSG während der vergangenen 12 Monate (seit Mai 2020) die Zahl der Arbeitnehmer*innen reduziert? Wenn ja, um wie viele Stellen, in welchen Bereichen und aus welchen Gründen?

14.
Wurden dazu ggf. Verträge mit aktiven Mitarbeiter*innen gekündigt oder nicht verlängert?

15.
Entsteht ggf. durch die Verringerung des Servicepersonals bei der SSG Mehrarbeit für das patientennahe Pflegepersonal des Klinikums? Wenn nein, warum nicht?