Kleine Anfrage "Reiseausweis für Ausländer"

Uli Franke

Vorbemerkung:

Der Fragesteller hat einen afghanischen Geflüchteten zu einem Termin bei der Ausländerbehörde begleitet. Das Anliegen war die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf Basis des Abschiebeverbots nach §60 AufenthG sowie die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer.

Im Anschreiben für den Termin war merkwürdigerweise angekündigt worden, dass ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden könne, wenn nicht gleichzeitig ein Reiseausweis beantragt wird. Vor Ort war dann doch die Ausstellung beider Dokumente problemlos möglich. Allerdings wurde der Ausweis nur für den Zeitraum der geplanten Reise erstellt. Als Grund hierfür wurde genannt, dass die Kopplung mit der konkret geplanten Reise gesetzlich vorgesehen sei und es für die Darmstädter Ausländerbehörde keinen Ermessensspielraum gebe.

In der einschlägigen Regelung in §8(1) AufenthV ist jedoch nur festgeschrieben, dass die Gültigkeitsdauer des Reiseausweises die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels nicht überschreiten darf und ansonsten eine zehnjährige Gültigkeit das Maximum darstellt. Demnach hätte der Ausweis zumindest für ein Jahr ausgestellt werden können.

Verständlicherweise ist der Geflüchtete mit der kurzen Gültigkeit nicht glücklich, denn die Ausstellung kostet 97 Euro und die Terminvergabe in der Behörde ist bekanntlich mit langen Wartezeiten verknüpft. Und für einen Stadtverordneten kommt die Frage auf, warum die überlastete Behörde nicht alle Möglichkeiten nutzt, durch wohlwollende Ausschöpfung von Ermessensspielraum die Belastung zu verringern, gerade wenn dadurch auch ein Beitrag zur Schaffung einer „Willkommenskultur“ geleistet werden kann.

Dem Fragesteller wurde darüber hinaus von ähnlichen Fällen von Menschen mit vergleichbarem Hintergrund berichtet, die Fragen aufwerfen. So wurde die Erteilung eines Reiseausweises ohne Angabe von Gründen verweigert oder die Vorlage einer beglaubigten Tazkira wurde als Voraussetzung für die Ausstellung des Reiseausweises gefordert.
 

Vor diesem Hintergrund bitte ich um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1.
a) Aufgrund welcher gesetzlichen Regelung wird die Gültigkeitsdauer eines Reiseausweises in der Ausländerbehörde Darmstadt festgelegt?

b) Steht es im Ermessen der Stadt Darmstadt, die Gültigkeitsdauer des Reiseausweises an die Gültigkeit des Aufenthaltstitels zu knüpfen, anstatt sie wie im einführend beschriebenen Fall mit dem Zeitraum der geplanten Reise zu koppeln?

c) Falls (b) verneint wird: aufgrund welcher übergeordneten Vorschrift gibt es dieses Ermessen nicht? d) Wäre die Ausstellung möglichst langfristiger Reiseausweise aus Sicht des Magistrats ein geeignetes Mittel, um die Belastung der Behörde zu verringern?

2.
Die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer steht laut §5 AufenthV im Ermessen der Behörde, sofern die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

a) Gibt es eine einheitliche Vorgabe in der Darmstädter Ausländerbehörde, nach welchen Kriterien diese Ermessensentscheidung zu treffen ist? Wenn ja, welche Kriterien (Personengruppe, Herkunftsland, Reiseanlass, Aufenthaltsdauer in Deutschland o.ä.) sind dies?

b) Was spricht aus Sicht des Magistrats dagegen, den Wunsch von Geflüchteten nach Reisefreiheit zu respektieren und Anträge auf Ausstellung eines Reiseausweises nicht als Einzelfallentscheidung zu bearbeiten, sondern ihnen grundsätzlich zu entsprechen?

c) Kann ein Antrag auf Ausstellung eines Reiseausweises Einfluss auf die zeitgleich beantragte Erteilung des Aufenthaltstitels (z.B. Verzögerung, Gültigkeitsdauer) haben? Wenn ja, mit welcher Begründung bzw. auf welcher rechtlichen Grundlage?

3.
Unter welchen Umständen und mit welchem Grund wird aktuell von afghanischen Geflüchteten die Vorlage einer Tazkira als Voraussetzung für die Ausstellung eines Reiseausweises gefordert?