Kleine Anfrage "Vereinbarkeit der 'Westranderschließung' mit umwelt- und verkehrspolitischen Zielen"

Karl-Heinz Böck

Frage 1:
Wie ist die Planung der "Westranderschließung" vereinbar mit dem Ziel, bis 2020 die CO2-Emissionen des Verkehrs um mindestens 30 Prozent gegenüber 1990 sinken zu lassen?

Frage 2:
Wie ist diese Straße vereinbar mit dem Nachhaltigkeitsziel, den Flächenverbrauch zu begrenzen?
Frage 3:
Wie ist die Planung vereinbar mit dem Ziel, Luftschadstoffe wie Feinstäube und Stickoxide zu mindern?
Antwort zu den Fragen 1 bis 3:
Die stadtentwicklungspolitischen Ziele der Wissenschaftsstadt Darmstadt wurden mit dem seit 2006 rechtswirksamen Flächennutzungsplan beschlossen. Demnach ist der Innenentwicklung deutlicher Vorrang vor weiterer Außenentwicklung zu geben. Dies kann bei Entfall von Nutzungen dadurch umgesetzt werden, dass freiwerdende Flächen einer neuen Nutzung zugeführt werden. Durch den Abzug der amerikanischen Streitkräfte wurden die Areale des Nathan-Hale-Depot und der Kelley-Barracks ihrer militärischen Nutzung enthoben. Die städtische Zielsetzung sieht durch den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan W 46 vom 08.12.2005 für diesen Bereich eine Konversion in gewerbliche Flächen vor. Mit der Planung eines Gewerbestandortes an dieser Stelle wird die Versiegelung bisher unbebauter Flächen vermieden. Den Anforderungen der §§ 461 und 1a 46 BauGB wird damit ausdrücklich Folge geleistet. Die Umnutzung bereits vorgenutzter Flächen stellt überdies einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes dar, weil die Erschließung weiter entfernt gelegener, neuer Gewerbegebiete damit entfallen kann. Mit der Entwicklung der Flächen entsteht zwar auch zusätzlicher Erschließungsverkehr, die gute Einbindung in das vorhandene Straßennetz und die Nähe zu dem zentralen ÖPNV-Knotenpunkt am Hauptbahnhof minimiert jedoch den Bedarf an zusätzlichen Erschließungsanlagen und bietet hervorragende Voraussetzungen zur Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs.

Die Notwendigkeit der Erschließung des Gewerbegebietes Süd-West ergibt sich aus der künftig deutlich intensiveren Nutzung der ehemals militärischen genutzten Flächen. Trotz Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes (siehe Fragen 4 und 5), unterstützt durch ein frühzeitiges betriebliches Mobilitätsmanagement, lässt sich die Entstehung von zusätzlichem motorisierten Individualverkehr nicht vollständig vermeiden. Geprüft wurde deshalb in einer ersten Stufe, ob das vorhandene Straßennetz die zusätzlichen Verkehre aufnehmen kann und in der zweiten Stufe, ob der Anstieg der Verkehrslast durch Ausbau des vorhandenen Straßennetzes abgewickelt werden kann. Erst als beide Fragen verneint werden mussten, wurden Ergänzungsmaßnahmen im Straßennetz untersucht.

Frage 4:
Wie ist sie vereinbar mit der Stärkung von Fuß- und Radverkehr, Bussen und Bahnen in der Entscheidung der Pendler über das gewählte Verkehrsmittel?
Antwort:
Die Verkehrsmittel des Umweltverbundes wurden bereits bei der Aufstellung des Rahmenplans gleichwertig berücksichtigt. So werden an allen Haupterschließungsstraßen gesonderte Radverkehrsanlagen, in den übrigen Straßenzügen Temp-30-Zonen vorgesehen. Für den Fuß- und Radverkehr gibt es direkte Verbindungen in Nord-Süd-Richtung, die für den Autoverkehr nicht befahrbar sind. (ÖPNV siehe Frage 7), um insbesondere die Geh- und Radwegeverbindung zum Hauptbahnhof zu stärken (Geh- und Radwegebrücke über die Rheinstraße). Bezüglich der weiteren Radwegeverbindungen wurde für den Bereich Darmstadt West ein Radwegekonzept beauftragt, um die Verknüpfung mit den angrenzenden Gebieten detailliert berücksichtigen zu können.

Direkter Einfluss auf das Verkehrsverhalten der Berufspendler kann nur über die Arbeitgeber erfolgen. Der Magistrat der Stadt Darmstadt ist als Netzwerkpartner des Programms "Betriebliches Mobilitätsmanagement Südhessen" aktiv daran beteiligt, neben der allgemeinen Akquise im Besonderen Unternehmen in den angrenzenden Quartieren zur Teilnahme am betrieblichen Mobilitätsmanagement zu motivieren. Das Konzept wird bei Bezug der Konversionsflächen darüber hinaus auch neue Unternehmen im Plangebiet ansprechen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt werden Konzepte für Fahrzeugpools, Car-Sharing-Standorte, Fahrradverleihstationen, etc. entwickelt.

Frage 5:
Welche Annahmen über die Verkehrsmittelwahl ("modal split") liegen den vorhandenen Schätzungen des zu erwartenden motorisierten Straßenverkehrs im Untersuchungsgebiet (Weststadt südlich der Rheinstraße) zu Grunde?
Antwort:
Die Berechnung der Verkehrserzeugung setzt sich aus dem Grundverkehr (Bestandsverkehr) und dem zusätzlich durch die neuen Nutzungen entstehenden Verkehr (Prognoseverkehr) zusammen. Bezüglich des Grundverkehrs wurde für den Prognosehorizont 2020 nicht wie sonst üblich von einem Zuwachs ausgegangen, sondern es wurden die Bestandsbelastungen von 2010 angesetzt. Der Prognoseverkehr wurde auf Grundlage der nach künftigem Bebauungsplan zulässigen Geschossfläche ermittelt. Für die Verkehrsmittelwahl des Prognoseverkehrs wurde zunächst der Modal-Split aus den MID-Erhebungen der Stadt Darmstadt (49% IV-Anteil) zugrunde gelegt. Dieser Anteil wurde für alle Beschäftigten, also auch für die Einpendler angesetzt, obwohl hier der Anteil der IV-Nutzer wesentlich höher liegt (aktuelle Zählungen liegen nicht vor). Auf diese Weise wird jedoch indirekt berücksichtigt, dass auch bei den Einpendlern durch Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements (z.B. Job-Ticket, Fahrgemeinschaftenförderung, ...) eine Veränderung des Modal-Splits stattfinden wird.

Frage 6:
Wie sind diese Annahmen vereinbar mit dem Ziel, Menschen auch ohne Auto "mobil" zu machen?
Antwort:
Siehe Antworten 4 und 5 zu Umsetzung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements.

Frage 7:
Welche Ausbaumaßnahmen des öffentlichen Nahverkehrs sollen die Erschließung der Weststadt südlich der Rheinstraße flankieren und wie sollen diese finanziert werden?
Antwort:
Die ÖPNV-Erschließung der Flächen Konversion West soll über eine Verlängerung der Buslinie K in das Gebiet erfolgen. Die Ausbaukosten sind im Rahmen der Straßenbaumaßnahmen in den Entwicklungskosten des Gebietes enthalten. Nach derzeitigem Stand ist eine Straßenbahnanbindung von Norden (ab Rheinstraße) sowohl aus Platzgründen im Gebiet TZ Rhein-Main als auch aus verkehrstechnischen Gründen im Bereich der Rheinstraße nicht möglich.