Kleine Anfrage "Zulässige Höchstmiete bei Neuvermietungen nach der Sozialcharta für ehemalige städtische Wohnungen"

Martina Hübscher-Paul

Am 21.6. hat der Magistrat meine Kleine Anfrage zur Einhaltung der Sozialcharta für die an die Bauverein AG übertragenen städtischen Wohnungen beantwortet.

In dieser Antwort erläutert der Magistrat seine Interpretation von Ziffer 3 der Sozialcharta bezüglich der zulässigen Höchstmiete. Diese Regelung begrenzt bei Neuvermietungen die Höhe der Grundmiete durch die angemessenen Kosten der Unterkunft nach SGB II und SGB XII. Die Obergrenze bezieht sich nach Ansicht des Magistrats nicht auf den angemessenen Quadratmeterpreis, wie es mir logisch und gerecht erschiene, sondern auf die angemessene Höchstmiete einer Wohnung. Diese ergibt sich als Produkt aus dem maximalen angemessenen Quadratmeterpreis und der maximalen angemessenen Wohnfläche pro Person („Produkttheorie“).

Diese Herangehensweise erklärt zwar die Berechnung der Miete durch die Bauverein AG in dem in meiner Anfrage genannten Einzelfall, führt nach meiner Auffassung aber im Allgemeinen zu höchst fragwürdigen Ergebnissen.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Magistrat:

1.
In Ziffer 3 der Sozialcharta wird auf Höchstsätze der KdU nach SGB II und XII verwiesen. Bezieht sich der Magistrat bei seiner Entscheidung, die Höchstmiete in Form einer Gesamtangemessenheitsgrenze zu definieren, auf diese Gesetze? Wenn ja, auf welche Stelle? Wenn nein, wer hat dann entschieden, eine Gesamtangemessenheitsgrenze anstelle des angemessenen Quadratmeterpreises zur Berechnung der Höchstmiete zu verwenden?

2.
Die angemessene Wohnfläche und damit auch die Höchstmiete nach der „Produkttheorie“ hängt von der Anzahl der Personen ab, die in der Bedarfsgemeinschaft leben. Wie wird diese Personenabhängigkeit in dem vom Magistrat gebilligten Berechnungskonzept für die zulässigen Höchstmiete berücksichtigt?

3.
Nach der „Produkttheorie“ wird die Größe der Wohnung bei der Festlegung der Höchstmiete nicht berücksichtigt. Für eine kleine Wohnung gilt die gleiche Obergrenze wie für eine große Wohnung. Dadurch wirkt Ziffer 3 der Sozialcharta nur gegen hohe Gesamtmieten, aber nicht unbedingt gegen hohe Quadratmeterpreise. Bei kleineren Wohnungen sind regelrechte Wuchermieten möglich (z.B. 15,40 €/qm bei 30 qm Wohnfläche), die nur durch die bundesgesetzliche Mietpreisbremse begrenzt sind. Ist sich der Magistrat dieser Tatsache bewusst? Falls ja, aus welchem Grund hält der Magistrat es für richtig, dass Mieterinnen und Mieter kleiner Wohnungen bei Neuvermietungen nur geringen oder gar keinen Schutz durch die Sozialcharta genießen?

4.
Bei der Neuvermietung, die mir als Einzelfall vorliegt, betrachtet die Bauverein AG die Summe der angemessenen Grundmiete nach der „Produkttheorie“ und der angemessenen (kalten) Betriebskosten als Obergrenze für die Bruttokaltmiete. Die von der Mieterin zu entrichtende Grundmiete liegt um 17 Euro über der angemessenen Grundmiete, was durch eine um 17 Euro unter den angemessenen Betriebskosten liegende Betriebskosten-Vorauszahlung ausgeglichen wird. So wird schließlich genau die kombinierte maximale Bruttokaltmiete erreicht.

a. Ist die Verrechnung von angemessener Grundmiete und angemessenen Betriebskosten bei der Ermittlung der zulässigen Höchstmiete aus Sicht des Magistrats im Einklang mit dem Wortlaut von Ziffer 3 der Sozialcharta?

b. Müsste aus Sicht des Magistrats die Grundmiete korrigiert werden, wenn die Betriebskosten sich als höher erweisen als die Bauverein AG zum Zeitpunkt der Neuvermietung angenommen hatte?