Antrag "Aufkündigung der Patenschaft für das 'Zentrum gegen Vertreibungen'"

Bund der Vertriebenen (BdV) nutzt das Projekt in seinem Sinne

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird aufgefordert, die im Jahre 2001 abgeschlossene Patenschaft für das geplante "Zentrum gegen Vertreibungen" zum nächst möglichen Zeitpunkt aufzukündigen.

Begründung

Im Jahr 2001 beschloss der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt die Unterstützung des geschichtsrevisionistischen "Zentrum gegen Vertreibungen" mit einer Patenschaft. 5 Cent pro Einwohner wurden dem Stiftungsrat zur Verfügung gestellt.

Der Bund der Vertriebenen (BdV) nutzt dieses Projekt in seinem Sinne. Man versucht dort die Hauptursache für die Vertreibung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa, den Unterjochungs- und Vernichtungskrieg des Deutschen Reiches, aus den Inhalten einer deutschen Vertriebenengedenkstätte weitgehend auszuklammern.

Vertreter des BdV im Stiftungsrat nehmen klar revanchistische Positionen ein. Die Herren Saenger und Tölg waren vom Bundestag Anfang Juli auf einer Gesamtliste als stellvertretende Mitglieder des Stiftungsrats "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" berufen worden. In einem Zeitungsartikel 2009 gab Saenger Polen, England und Frankreich eine Mitschuld am Zweiten Weltkrieg. Tölg hatte im Streit über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern gesagt, dass "gerade die Länder, die am massivsten Forderungen gegen uns richten, genügend Dreck am Stecken haben, weil sie Hunderttausende deutscher Zwangsarbeiter in zahllosen Lagern hatten." Der Zentralrat der Juden, aber auch andere Organisationen kritisierten dies öffentlich.

Es ist an der Zeit, dass Darmstadt seine Patenschaft für dieses Projekt zurücknimmt und sich der Erklärung des Willy-Brandt-Kreises anschließt: "Das geplante und anhaltend umstrittene Zentrum gegen Vertreibung unterliegt, entgegen den Intentionen des Parlaments, der Gefahr, als Instrument der Anklage missverstanden zu werden. Dieser Missdeutung, die auch in Polen und Tschechien sehr bald laut geworden ist, sollte begegnet werden. Geht es hier wirklich nur um das Recht auf eine Klagemauer, um Verständnis und Versöhnung, oder geht es um die Zuweisung von Schuld und Unrecht Richtung Osteuropa, mit dem Ziel einer Bewusstseinsverschiebung, die schließlich auch eine Eigentumsverschiebung ermöglichen wird? Vertreibung ist eine von vielen entsetzlichen Kriegsfolgen. Genauso gut könnte man ein Zentrum gegen Gebietsannexionen befürworten, eins gegen die Geringschätzung des Lebens von Soldaten, gegen Massaker an Zivilisten, gegen Bombenopfer und Ruinen, eins gegen Zwangsarbeit und Gefangenenlager, gegen Hunger und Typhus, ein Zentrum gegen Vergewaltigung, gegen Verrohung der Sitten, gegen "ethnische Säuberungen", gegen Vergeltung und Strafe der Sieger. All dies sind im letzten Jahrhundert immer die fatalen Folgen von Kriegen gewesen, je schrecklicher der Krieg, je fataler. Verurteilt man aber die Folge und nicht die Ursache, so greift man zu kurz, ja weckt Illusionen. Man suggeriert, nach Angriffskriegen könnten deren unvermeidliche Folgen vermieden werden. Für die Zukunft folgt daraus nicht das Unrealistische: Vertreibungen nach Kriegen sind zu verbieten. Sondern: Wer Vertreibungen verhindern will, muss Kriege verhindern."