Haushalt 2021, Erzieher*innen und Kulturförderung

Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 3.12.2020

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

das wesentliche Thema der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2021 war der städtische Haushalt für das kommende Jahr. Wegen der sich zuspitzenden Infektionslage waren alle Fraktionen übereingekommen, die Sitzung auf 41 Teilnehmende zu reduzieren. Die Diskussion verlief unter diesen Bedingungen allerdings ziemlich schleppend – in den vergangenen Jahren war mehr los bei der Haushaltsdebatte.

Wir haben den Haushalt an einigen Punkten kritisiert, andererseits musste er auch gegen marktradikale Angriffe in Schutz genommen werden. Beantragt hatten wir bereits zur zweiten Lesung die Aufwertung der Erzieherinnen und Erzieher. Bei der StaVo schlugen wir dann ein Stipendienprogramm für Kulturschaffende vor, um die Kulturarbeit in der Pandemie zu stärken. Mehr dazu lest ihr in dem unten folgenden Bericht.

Außer dem Haushalt standen keine Kontroversen auf der Tagesordnung. Einige wichtige Beschlüsse wurden mit großer Mehrheit gefasst. Die absehbar äußerst knappe Entscheidung über den Aldi-Neubau in Arheilgen findet erst in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode im Februar statt, da über eine derartig umstrittene Vorlage nicht unter Sonderbedingungen abgestimmt werden kann.

Wir hoffen sehr, dass die Corona-Lage sich bald bessert und der Impfstoff die Beschränkungen langsam aber sicher überflüssig macht. Es wäre großartig, wenn wir uns unter gelockerten Bedingungen in den anstehenden Kommunalwahlkampf stürzen könnten.

Wir wünschen euch eine erholsame Winterpause, viel Optimismus zum Jahreswechsel und vor allem gute Gesundheit.

Mit solidarischen Grüßen

Martina Hübscher-Paul, Karl-Heinz Böck, Werner Krone, Wolfgang Weber und Uli Franke

 


 

Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 3.12.2020

Der Haushalt für das kommende Jahr war das einzige Thema, das bei der Versammlung länger diskutiert wurde. Der Kämmerer hat keinen echten Kürzungs-Haushalt vorgelegt, so dass wir in der Debatte eine Position zwischen der grün-schwarzen Koalition und den marktradikalen Teilen der Opposition vertraten.

Zunächst hatte der Magistrat einen Haushalt mit einem Defizit von 70 Millionen Euro eingebracht. Zur zweiten Lesung war dieser dann so überarbeitet worden, dass nur noch 40 Millionen Euro Miese zu Buche stehen. Das gelang einerseits dadurch, dass das Land zwischenzeitlich höhere Zuweisungen in Aussicht gestellt hatte als ursprünglich erwartet. Der Magistrat kürzte aber auch gezielt Ausgaben bei Sachmitteln und Zuschüssen in Bereichen, die dies aus seiner Sicht verkraften können. Hinzu kommen die üblichen Haushaltssperren in Höhe von 10% für Sportvereine und Kulturinitiativen. Der Grund für unsere Einschätzung, dass wir es nicht mit einem Kürzungshaushalt zu tun haben, ist die Tatsache, dass keine Investitionen gestoppt, keine Einrichtungen geschlossen und keine Stellen abgebaut werden sollen. Im Gegenteil wurden etwa 70 neue Stellen (plus 3%) geschaffen, vor allem beim Ordnungsamt, bei der Stadt- und Mobilitätsplanung, beim Grünflächenamt, beim Umweltamt, für die IT an Schulen und bei der Kinderbetreuung. Unzufrieden sind wir nach wie vor mit der Einstufung der Erzieher*innen, die weiterhin nur nach EG 8a entlohnt werden, obwohl sich die Stadt nach dem Vorbild von Frankfurt, Groß-Gerau oder Hanau auch für die Bezahlung nach 8b entscheiden könnte. Den entsprechenden Antrag unterstützten wir, die SPD sowie erstaunlicher- und widersprüchlicherweise auch die FDP.

Denn andererseits wollte die FDP den Magistrat beauftragen, die Ausgabenseite des Haushalts mit längerfristiger Wirkung um weitere 20 Millionen Euro zu reduzieren. Ein solcher Beschluss hätte sozialen und kulturellen Kahlschlag, Personalabbau sowie die Streichung von Zukunftsinvestitionen bedeutet. Glücklicherweise wird eine derartige zerstörerische Herangehensweise nur von FDP und UWIGA unterstützt, sogar die AfD hat sich nur enthalten.

Unser Projekt bei der Haushaltsberatung war ein Förderprogramm zur Stärkung der Kulturarbeit in der Corona-Krise. Die Grundidee ist ein Fonds zur Unterstützung der Lebenshaltung von in Darmstadt lebenden und arbeitenden Künstler*innen in Höhe von 300.000 Euro. Das finden wir notwendig, da die Solo-Selbstständigen im Kulturbereich seit neun Monaten auf Hartz IV verwiesen werden. Die Mittel wären gedacht zur Durchführung von Online-Projekten oder als Stipendium für künstlerische Initiativen, die zur konkreten Umsetzung kommen können, sobald Kultur­veranstaltungen wieder möglich sind. Die Stipendien in Höhe von 1000 Euro/Monat wären niedrigschwellig ohne Überprüfung der finanziellen Bedürftigkeit ausgereicht worden. Bei einer durchschnittlichen Förderdauer von vier Monaten hätten damit 75 Kulturschaffende gefördert werden können. Der Antrag wurde zwar von der Koalition abgelehnt, wir konnten aber einen großen Teil der übrigen Fraktionen, namentlich SPD, UFFBASSE und FDP, für unseren Vorschlag gewinnen. In die Berichterstattung des Darmstädter Echo hat er es trotzdem nicht geschafft.

Wegen der zusätzlichen Stellen in Bereichen, wo sie dringend benötigt werden, haben wir uns beim Stellenplan enthalten. Den Haushaltsplan insgesamt haben wir abgelehnt, insbesondere weil wir den Haushaltssperren nicht zustimmen wollten.

In seiner Haushaltsrede nahm Uli die Koalition zwar vor der neoliberalen Kritik an den Ausgabensteigerungen in Schutz. Es sei „vernünftig, in der aktuellen Situation ein Defizit zuzulassen, um die begonnenen Projekte fortzuführen und um die Stadtgesellschaft nicht durch Leistungskürzungen noch tiefer in die Krise zu stürzen“. Corona habe deutlich gemacht, dass die Schuldenbremse nicht krisentauglich ist und abgeschafft werden muss. Er stellte aber auch klar, dass wir die Kommunen grundsätzlich für unterfinanziert halten und es „keinen Anlass gibt, sich selbstzufrieden auf die Schulter zu klopfen“. Eine soziale, ökologische und für alle lebenswerte Stadt nach den Vorstellungen der LINKEN könne man mit den Einnahmen nicht finanzieren. Dafür benötigen wir auf der Bundesebene endlich eine entschlossene Besteuerung von Vermögen.

Weitere Beschlüsse wurden ohne Diskussion mit großer Mehrheit gefasst. Sie betrafen den Neubau der Drogenhilfe „Scentral“ am aktuellen Standort, die Überführung der Stadtbibliothek und der VHS aus dem Eigenbetrieb Kulturinstitute ins Schuldezernat, den Zuschuss zum Bau von 105 geförderten Wohnungen in der Lincolnsiedlung sowie der Verlauf des Raddirektwegs in Wixhausen.