Klimaschutz, Medienentwicklungsplan und HeinerLiner

Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 1.9.2020

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,


in der ersten Sitzung der StaVo nach der Sommerpause gab es nicht viele strittige Vorlagen des Magistrats. Bei fast allen konnten wir zustimmen.

Trotzdem möchten wir euch kurz das Wichtigste berichten. In dem folgenden Bericht geht es um unsere Positionenzum Maßnahmenplan Radmobilität, zum Sofortprogramm Klimaschutz, zum Entwicklungsplan für Digitale Medien an den Schulen und zum „On-Demand-Shuttle“ HeinerLiner, das die HEAG mobilo nach außen ohne tarifliche Bezahlung nach außen vergeben will. Diese Vorlage sowie den Antrag der SPD zur Einführung von Ortsbeiräten haben wir abgelehnt.

Leider fand die Sitzung am Antikriegstag statt, so dass wir die Friedens-Demonstration verpassten. Unser Fraktionsreferent Andreas nahm jedoch teil und präsentierte unseren Gruß an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Wir sagen: Geld für Bildung, Gesundheit und Klimaschutz anstatt für Rüstung und Kriegseinsätze.

Mit solidarischen Grüßen,
Martina Hübscher-Paul, Karl-Heinz Böck, Werner Krone, Wolfgang Weber und Uli Franke


Bericht der Stadtverordnetenversammlung am 1.9.2020

1. Maßnahmenprogramm Radmobilität


Der Plan wurde zwischen der Stadt und der Initiative „Radentscheid“ ausgehandelt. Ziel ist die Schaffung eines durchgehend attraktiven Radnetzes in Nord-Süd und Ost-West-Verbindung. Er umfasst 34 größere Einzelprojekte, die im Laufe der kommenden 4 Jahre geplant und umgesetzt werden sollen. Es gab eine nicht unberechtigte Kritik der SPD, dass die Innenstadt gegenüber den äußeren Stadtteile bevorzugt wird. Trotzdem stimmten letztlich alle Fraktionen außer der FDP zu. In seiner Rede zeigte sich Uli zufrieden, dass die Radpolitik sich langsam ändert, so dass nun endlich der motorisierte Individualverkehr Terrain an die Radfahrenden abgeben muss. Er erinnerte aber auch an die sehr enttäuschende Radverkehrspolitik in den ersten fünf Jahren des grünschwarzen Magistrats. Man habe sich lieber der Haushaltskonsolidierung gewidmet als den Zukunftsinvestitionen in den Umweltverbund. Es sei den vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern und insbesondere der Initiative „Radentscheid“ zu verdanken ist, dass die Koalition nun endlich aktiv geworden ist. Dafür bedankt sich unsere Fraktion und hofft auf weitere Aktivität der Initiative.

2. Sofortprogramm Klimaschutz


Die Stadt legte im Vorgriff auf die Neuaufstellung eines umfassenden Klimaschutzkonzepts ein Sofortprogramm mit 25 zum Teil bereits laufenden Maßnahmen vor, von denen einige allerdings von eher geringer Wirkung (z.B. Fahrradstaffel der Polizei) sind. Die SPD fand den Umfang des Programms enttäuschend und stimmte aus diesem Grund dagegen. Diese Kritik fanden wir für ein Sofortprogramm übertrieben und haben uns entschieden, diesen Schritt in die richtige Richtung durch unsere Zustimmung zu unterstützen. Das eigentliche Klimaschutzkonzept werden wir sicherlich einer gründlicheren Prüfung unterziehen. Weitere Gegenstimmen zu dem Sofortprogramm kamen von der FDP und der UWIGA, die mit den Einschränkungen des Kfz- Verkehrs nicht einverstanden waren. Werner hat für uns einen Ergänzungsantrag entworfen, der auf die Überdachung öffentlicher und privater Parkplätze mit Solarmodulen, die Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung von Bäumen und die stärkere Berücksichtigung des Fußverkehrs bei Neuplanungen abzielte. Dieser Antrag kam wohl zu schnell für die anderen Fraktionen – die Koalition lehnte ihn ab, und die anderen Oppositionsfraktionen enthielten sich leider. Wir werden versuchen, diese Punkte später in das Klimaschutzkonzept hinein zu bringen. In seiner Rede mahnte Werner auch an, dass beim Sanierungsplan für städtische Liegenschaften die sozialen Belange berücksichtigt werden müssen, damit Klimaschutz nicht zum Schreckgespenst für Mieterinnen und Mieter wird.

3. Entwicklungsplan für Digitale Medien an den Schulen


Ähnlich wie bei Radmobilität konnten wir den Entwicklungsplan für die digitale Ausstattung der Schulen in der Sache loben. Das Konzept beinhaltet die Zentralisierung der Server-Infrastuktur und die Vereinheitlichung der Software, was angesichts des um sich greifenden Wildwuchses an den Schulen sehr zu begrüßen ist. Es beinhaltet nicht die individuelle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit Leihgeräten für das „Homeschooling“ - dieses Thema wird demnächst in einer eigenen Vorlage behandelt. Das Volumen des Programms beträgt 30 Mio Euro in vier Jahren, die ungefähr zur Hälfte aus Eigenmitteln der Stadt finanziert werden. Diesen Betrag finden wir zunächst angemessen.


Interessant war, dass UFFBASSE sehr scharf die ihrer Meinung nach zu geringe Finanzierung kritisierte und deshalb sogar dagegen stimmte. Wir erinnern uns an einen Redebeitrag von Kerstin Lau bei unserem Antrag für eine Verbesserung des Sozialtickets, in dem sie anmahnte, dass man ja auch immer auf die Finanzen schauen müsse und nicht alles tun könne, was wünschenswert ist. Damals ging es um einige 100.000 Euro pro Jahr…
Wir wollten nicht die möglicherweise zu geringe Finanzausstattung kritisieren, sondern nutzten unsere Redezeit für eine grundsätzlichere Kritik am neoliberalen Denken: ein solches Konzept kommt nämlich mindestens 5 Jahre zu spät. Wäre das alles schon an den Schulen gelaufen, hätte man ganz anders auf den Corona-Lockdown reagieren können. Anstatt sich mit solchen Zukunftsthemen zu befassen, hat man sich jedoch lieber der Haushaltskonsolidierung gewidmet, während die Profite sprudelten und die Reichen immer reicher wurden. Die Schuldigitalisierung ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass nicht das Geldausgeben, sondern die Ausgabendisziplin auf Kosten der kommenden Generationen geht.

4. On-Demand-Shuttle „HeinerLiner“


Die HEAG mobilo will ein On-Demand-Shuttle unter dem Namen „HeinerLiner“ einführen. Dies ist eine Art Sammeltaxi, das über eine App so organisiert wird, dass möglichst oft die Fahrtwünsche gebündelt und mehrere Menschen gemeinsam transportiert werden. Der Fahrpreis liegt zwischen dem herkömmlichen ÖPNV und einem Taxi. Ziel ist vor allem, Autofahrerinnen und Autofahrer zum öffentlichen Verkehr zu bringen. Grundsätzlich finden wir diese Ergänzung des ÖPNV sinnvoll und erprobenswert, zumal damit auch Anbietern wie Uber das Wasser abgegraben wird. Bedauerlicherweise haben die HEAG mobilo und der Magistrat sich dafür entschieden, das Projekt komplett auszuschreiben – also nicht nur die Software-Plattform, sondern auch den Fahrbetrieb. Dabei wurde nicht ausreichend sicher gestellt, dass die Fahrerinnen und Fahrer der Shuttles tariflich bezahlt werden. Martina betonte in ihrer Rede, dass eine Vergabe ohne Verpflichtung auf tarifliche Entlohnung für uns nicht akzeptabel ist. Aus unserer Sicht muss der Fahrbetrieb durch die HEAG mobilo erfolgen. Es gibt immerhin mündliche Willensbekundungen, dass dies nach einem erfolgreichen Abschluss des Modellprojekts passieren soll. Wir werden zu gegebener Zeit darauf pochen. Zusammen mit der SPD haben wir am Ende wegen der fehlenden Tarifbindung und der Auslagerung von Verkehrsdienstleistungen aus der HEAG mobilo gegen die Vorlage gestimmt.

5. Einführung von Ortsbeiräten


Die SPD hat beantragt, in neun Stadtteilen Ortsbeiräte einzurichten. Dieses Thema führt immer wieder zu merkwürdigen Allianzen. So hat im vergangenen Jahr in Offenbach die dortige Linksfraktion Ortsbeiräte gefordert, die Grünen hätten gerne zugestimmt und die regierende SPD war dagegen. In Darmstadt war es gerade umgekehrt. In Darmstadt haben wir uns, wie es auch in unserem Kommunalwahlprogramm festgehalten ist, gegen die „Verparlamentarisierung“ des politischen Basis-Engagements ausgesprochen. Es gibt Stadtteilforen und Stadtteil-Vereine wie die IGAB, es gibt schlagkräftige Bürgerinitiativen wie den Radentscheid oder die Klimabewegung. Dass Ortsbeiräte einmal alle fünf Jahre demokratisch gewählt werden trägt nicht zur Einbindung breiter Teile der Bevölkerung bei. Stadtteilpolitik in solche Gremien zu verlagern heißt, dass dauerhafte Gremienarbeit an Stelle der spontanen politischen Aufwallung tritt, dass viel bürokratischer Aufwand entsteht und dadurch eine Menge politischer Energie vernichtet wird. Außerdem wird das Engagement vieler politisch aktiver Bürgerinnen und Bürger wieder an die Parteien delegiert. Das wollen wir nicht. Darmstadt ist klein genug und eng genug beieinander, um die Impulse aus der Bevölkerung auf der Ebene der Gesamtstadt aufzunehmen. Wir haben also gegen den SPD-Antrag gestimmt, der bei Enthaltung der AfD nur von der SPD und der UWIGA befürwortet wurde.