Streik im öffentlichen Dienst, Klimaentscheid
Bericht von der Stadtverordnetenversammlung am 1.10.2020
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
die Oktober-StaVo stand im Zeichen des KlimaEntscheids. Es musste entschieden werden, ob dieses Bürger*innenbegehren zulässig ist. Die Antwort war letztlich: Nein. Deshalb hatte der Magistrat in seiner Vorlage neben der Feststellung der Unzulässigkeit noch umfassend ausgeführt, was in den kommenden Jahren alles geplant ist. Dazu unten mehr. Wichtig und entlarvend war die Aktuelle Stunde zum Streik im Öffentlichen Dienst, die die SPD beantragt hatte und deren Abhaltung nur von der SPD und von uns unterstützt wurde.
Außerdem informieren wir kurz über den Beschluss zur Erweiterung des Straßenbahnangebots, über unsere Kritik an der Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche beim Kita-Angebot, über die Intransparenz bei der bevorstehenden Einrichtung der städtischen Datenplattform und über den Beteiligungsbericht des Stadtkonzerns.
Mit solidarischen Grüßen
Martina Hübscher-Paul, Karl-Heinz Böck, Werner Krone, Wolfgang Weber und Uli Franke
1. Aktuelle Stunde zum Streik im Öffentlichen Dienst
Die SPD hatte eine aktuelle Stunde unter dem Titel "Klatschen reicht nicht! Solidarität mit den Beschäftigten des öffentlichen Diensts" beantragt. Dieser Antrag wurde enttäuschenderweise nur von der SPD und uns unterstützt. In der Debatte äußerten sich Tim Huss von der SPD und Karl-Heinz solidarisch mit den Streikenden und unterstützten deren Forderungen. Der Magistrat wurde aufgefordert, sich mit seiner Stimme im Verband der kommunalen Arbeitgeber für einen guten Abschluss einzusetzen. In Person von Jochen Partsch und Yücel Akdeniz stellten die Grünen mit erstaunlicher Offenheit klar, dass sie keine höheren Gehälter für die städtischen Beschäftigten wollen. Man brauche das Geld, um die Steuerausfälle auszugleichen, um die Wirtschaft zu stützen und um Hilfe für die von der Krise betroffenen Arbeitnehmer*innen zu leisten. Zumindest für diesmal sollten sich die bei der Kommune Angestellten mit der Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und den guten Arbeitsbedingungen zufrieden geben, die die Stadt angeblich bietet. Roland Desch von der CDU konstruierte sogar einen Widerspruch zwischen den Interessen von Kurzarbeiter*innen und Erwerbslosen auf der einen Seite und den Anliegen der Streikenden auf der anderen Seite.
Eines ist sicher: wenn sich die Lohnabhängigen durch solche Argumente spalten lassen, werden sie am Ende alle weniger im Geldbeutel haben. In einer Nebendebatte spielten Grüne, CDU und FDP die alte Leier, dass man wegen der Tarifautonomie in der StaVo gar nicht über die Tarifauseinandersetzung reden solle. Dabei ist die Stadtverordnetenversammlung die politische Basis einer der beiden Tarifpartnerinnen, nämlich der Kommune. Karl-Heinz hat diese Pseudo-Argument in seinem Beitrag deutlich zurückgewiesen. Die Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst ist wohl die erste große Auseinandersetzung darum, wer die Corona-Lasten zu tragen hat. Den Streikenden ist ein Erfolg sehr zu wünschen, nicht nur für ihr eigenes Auskommen, sondern auch im Sinne aller anderen Lohn- und Transferleistungsabhängigen. Denn niemand sollte glauben, dass das im Öffentlichen Dienst eingesparte Geld an die anderen verteilt wird, die mehr Unterstützung bräuchten.
2. KlimaEntscheid
Die Initiative KlimaEntscheid hatte über 5.000 Stimmen für die Abhaltung eines Bürger*innenbegehrens gesammelt. Dessen Inhalt ist, kurz zusammengefasst, dass jährlich ca. 35
Mio Euro für Klimaschutz-Maßnahmen eingesetzt werden sollen. Die Finanzierung würde durch Förderprogramme, durch eine deutliche Erhöhung der Gewerbesteuer sowie durch hohe Anwohner-Parkgebühren erfolgen. Der Magistrat hält das Begehren nicht für zulässig, unter anderem weil die Ausgabenschätzung viel zu niedrig sei und weil es keinen Bürgerentscheid geben könne, der sich an die Stadtwirtschaft richtet. Wir haben uns nicht an der rechtlichen Debatte beteiligt, sondern grundsätzlicher kritisiert, dass die Kommunen für eine entschlossene Klimapolitik nicht genug Geld haben, und dass sie sich wegen der Schuldenbremse die Mittel auch nicht über Kredite beschaffen dürfen. Diese Politik geht auf Kosten der Zukunft künftiger Generationen. Dazu haben wir einen Begleitantrag eingebracht, in dem vom Bund die Besteuerung großer Vermögen, Einkommen und Unternehmens-gewinne sowie die Aufhebung der Schuldenbremse gefordert wird.
Unser Redner Uli griff in seiner Rede auf, dass Jochen Partsch bei seinem Neujahrsempfang nach einem „Green New Deal“ gerufen hatte. Doch Roosevelts „New Deal“ sei nicht nur eine neue Idee von Wirtschafts- und Sozialpolitik gewesen, worauf Partsch damals abgehoben hatte, sondern er musste auch durch eine andere Steuerpolitik finanziert werden. Das ist heute nicht anders: Auch Klimapolitik ist im Wesentlichen eine Finanzierungs- und Verteilungsfrage. Außerdem schlugen wir vor, den Stadtkonzern in ein Netz aus öffentlich-rechtlichen Kommunalunternehmen umzuwandeln, damit Stadtverordnete und Bürgerentscheide auch Einfluss auf unsere Stadtwirtschaft nehmen können.
Erfreulicherweise standen wir nicht alleine mit unserem Antrag: den Teilaspekt Steuerpolitik und Schuldenbremse unterstützte die SPD, und bezüglich der Umwandlung des Stadtkonzerns ging die UWIGA mit uns mit. Unsere Lokalzeitung wollte leider nicht über den den Tellerrand blicken und berichtete nicht über unseren eher bundespolitischen Blick auf das Thema. Wir werden trotzdem auch in Zukunft über die Beschränkungen reden, unter denen die Kommen zu leiden haben, und nicht nur innerhalb der Sachzwänge argumentieren.
3. Weitere Themen
Ein große Mehrheit stimmte für die Erweiterung des Straßenbahnangebots um ca. 30%. Ein Wermutstropfen ist, dass die „Schnelle Sechs“ nur noch im Landkreis Haltestellen auslässt, im Stadtgebiet aber nicht mehr schneller unterwegs sein wird als die anderen Linien auf ihrer Strecke.
Wolfgang kritisierte die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche als Trägerin für Kindertagesstätten, weil dort das kirchliche Arbeitsrecht und weitere Sonderregelungen aus dem Kirchenrecht gelten. Da die Bedingungen der Kinderbetreuung sich andererseits durch die neuen Verträge verbessern, haben wir uns hierzu enthalten.
Schließlich kritisierte Uli, dass die neue Datenplattform der Stadt mit 1 Mio Euro pro Jahr finanziert wird und aus der Vorlage kaum hervorgeht, was der Nutzen für Stadt und Bürger*innen sein soll. Werner forderte bei diesem Thema, dass die Digitalisierung der Verwaltungs-dienstleistungen im Vordergrund stehen muss. Aus dem Beteiligungsbericht des Stadtkonzerns geht hervor, dass einige Unternehmen wie das Darmstadtium oder die Service-Tochterunternehmen des Klinikums nicht oder nur teilweise tarifgebunden sind. Auch dies haben wir zur Sprache gebracht.