1 Million "Bildung und Teilhabe" im Haushalt verrührt!

Karl-Heinz Böck

1,6 Millionen Euro hat Darmstadt im Jahr 2011 vom Bund erhalten, für das so genannte Bildungs- und Teilhabepaket (BuT), um es an rund 7.000 bedürftige und damit berechtigte Darmstädter Kinder und Jugendliche weiterzugeben. Doch nur 456.534 Euro - also nicht einmal ein Drittel des Geldes - sind tatsächlich als "Hilfeleistungen" bei den Betroffenen angekommen. Dies erklärte Sozial- und Jugenddezernentin Barbara Akdeniz (Grüne) auf unsere Kleine Anfrage.

Zur Abwicklung des BuT wurden alleine bei der Stadt sechs Vollzeitstellen eingerichtet. Deren Kosten beliefen sich auf 172.185 Euro. Dabei sind die Verwaltungs- und Personalaufwendungen des Jobcenters Darmstadt noch gar nicht berücksichtigt. Der Bund finanzierte diese Abwicklung 2011 mit rund 357.000 Euro. Mit anderen Worten: Für nicht einmal eine halbe Million Euro an Leistungen mussten rund 75 Prozent dieser Summe als Verwaltungskosten aufgewendet werden. Dieser Bürokratismus ist aber im Gesetz vorprogrammiert!

Offener Brief

Der größte Teil der Gelder des BuT - eine runde Million Euro - sind also nicht bei den Betroffenen angekommen, sondern "in die Gesamtdeckung des Haushaltes des Sozialdezernates" und damit in den Stadtsäckel geflossen. Denn das nicht ausgegebene Geld muss die Stadt nicht an den Bund zurückzahlen.
Deshalb hat unsere Fraktion in einem Offenen Brief an Sozialdezernentin Akdeniz gefordert, das Restgeld an die rund 7.000 bedürftigen Darmstädter Kinder und deren Familien als "einmaligen Betrag von 150 Euro direkt und unbürokratisch auszuzahlen."

Die Antwort der Sozialdezernentin ...

auf unseren Offenen Brief ließ nicht lange auf sich warten. Frau Akdeniz räumt darin ein, dass das BuT "nicht den prognostizierten Erfolg aufweist", den Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch im April lautstark verkündete. Aber die Forderung unserer Fraktion nach einer Auszahlung des Restgeldes an die betroffenen Familien lehnt die Sozialdezernentin strikt ab. Sie begründet dies mit dem Hinweis, dass die grün-schwarze Sozialpolitik "auf kontinuierliche Verbesserung struktureller Rahmenbedingungen (setzt) um Armut und sozialer Ausgrenzung entgegen zu wirken". Damit erweist sich Frau Akdeniz als Schwester im Geiste von Frau von der Leyen.

Die Quintessenz grün-schwarzer Sozialpolitik: Hartz IV

Bundesministerin von der Leyen hatte die Einführung des BuT 2011 damit begründet, dass bedürftigen Kindern und deren Familien nicht mit mehr Geld geholfen sei, sondern nur "sinnvoll gesteuerte" Leistungen, die nicht an die Betroffenen ausgezahlt werden.
Nur so sei Nachhaltigkeit möglich. Die grüne Sozialdezernentin argumentiert auch so. Wer es am nötigsten hätte, wird bevormundet. Es wird vorgeschrieben, was sinnvoll sei und letztlich werden den Betroffenen Gelder vorenthalten. "Nachhaltige" grün-schwarze Sozialpolitik bedeutet also nichts anderes als Bevormundung und Entmündigung und sie gipfelt in Hartz IV.

Unsere Meinung

Warum legt die Sozialdezernentin in ihrer "Offenen Antwort" nicht die Chuzpe an den Tag, dass sie die runde Million Euro des BuT gezwungenermaßen zum Stopfen der Löcher des Sozialetats nutzt und das Bund und Land dafür verantwortlich sind, dass Darmstadt seine sozialen Verpflichtungen nur mit Müh und Not erfüllen könne?
Das hat aber Frau Akdeniz nicht getan. Kein Wunder. Wer seine Sozialpolitik unter das Primat der Haushaltskonsolidierung stellt und keine Bedenken hat, selbst mit der Regierungspartei von Bund und Land, der CDU zu koalieren, der wird noch jeden Sozialabbau als "sozial, kinder- und familienfreundlich" verkaufen.