Ausstellung und Gedenkfeier "Elftausend Kinder"

Rainer Keil

Drei Millionen Menschen aus ganz Europa schleuste die Deutsche Reichsbahn über ihr Schienennetz in die Vernichtungslager des NS-Regimes. Unter ihnen auch 11.000 Kinder jüdischer Eltern aus Frankreich. Sie wurden in Güterwaggons verladen und nach Fahrplänen der Deutschen Reichsbahn auf ihre letzte Reise geschickt
Manchmal für Minuten, manchmal für Stunden hielten diese Züge auf Bahnhöfen, auch bei uns in Darmstadt. Auf den Abstellgleisen hofften die Kinder auf Hilfe. Aber niemand befreite sie. Die Züge fuhren weiter: nach Auschwitz, Treblinka, Maidanek. Nur wenige kehrten zurück.
Eine Ausstellung will erinnern, Namen und Gesichter ins Gedächtnis rufen.
Dort wo sie ihren letzten Weg antreten mussten - auf deutschen Bahnhöfen. Das Schicksal dieser Kinder hat die Opferorganisation "!!File et Filles des Déportés Juifs de France" (Paris) in langjähriger Arbeit rekonstruiert und in einer Ausstellung aufbereitet.
Aber seit zwei Jahren wird diese Erinnerung verweigert. Die Bahnhöfe wurden vom Vorstand der DB AG für eine freie und unbehinderte Ausstellung über die deportierten Kinder und ihre 3 Millionen Leidensgefährten gesperrt: Dafür sei kein Geld da, behauptete der Vorstandsvorsitzende Mehdorn. Erst unter dem Druck wachsender Proteste aus dem In- und Ausland wich Mehdorn zurück. Doch statt über die jüdischen Kinder und ihre 3 Millionen Leidensgefährten vorbehaltlos zu informieren, heißt es jetzt, "Grundlage" der Erinnerung habe eine Ausstellung im Bahnmuseum Nürnberg zu sein.
Was man dort unter Erinnerung versteht, ist beschämend. In dem Bahnmuseum wird das Schicksal der Deportierten in einer Ausstellungsecke von 18 Quadratmetern abgehandelt.
Unsere Stadtverordnetenfraktion hat beantragt diese Ausstellung auch im Darmstädter Hauptbahnhof zu zeigen. Unser Antrag wurde in der Sitzung des Ausschusses Kultur und Wissenschaft in geschäftsordnungsgemäße Behandlung an den Magistrat gegeben. Dieser soll prüfen, "unter welchen Voraussetzungen diese Ausstellung hergeholt werden kann, welche Kosten sie verursacht, was die DB für einen Zeitplan hat. Gleichzeitig bittet sie zu überlegen, ob es hier auch spezielles Material für Darmstadt gibt und wie sie von den Schulen begleitet werden kann."
Mit zahlreichen Zwangsmaßnahmen, gewaltsamen Räumungen durch Bahn- und Polizeikräfte sowie mit Aufenthalts- und Redeverboten auf Bahnhöfen reagierte die Konzernleitung der Bahn AG am Auschwitz-Gedenktag im Januar auf die bundesweiten Informationsveranstaltungen über das Deportationsschicksal von 3 Millionen NS-Opfern. In Würzburg konnte der dortige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde seinen Redebeitrag nicht halten.
Wir meinen das angesichts dieser Entwicklung schnell gehandelt werden muss.

Weitere Informationen über die Initiative "11.000 Kinder"
www.german-foreign-policy.com