Hartz IV

Frank Gerfelder-Jung


Keine Kürzung der Bewerbungskosten

Die "Kosten für Bewerbungen" sollen sämtliche Aufwendungen für die Erstellung und den Versand von Bewerbungsunterlagen zur Erlangung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Hartz-IV-LeistungsempfängerInnen abdecken. Bewerbungskosten werden durch die Jobcenter grundsätzlich pauschaliert erbracht; allerdings nicht einheitlich geregelt, sondern je nach Gusto der jeweiligen Geschäftsführungen der zuständigen Jobcenter.

Das Jobcenter Darmstadt erstattete seit seiner Gründung (2005) je nachgewiesener schriftlicher Bewerbung einen Betrag in Höhe von 5 Euro. Die Bewerbungskosten wurden prinzipiell bis zu einem Höchstbetrag von 260 Euro jährlich pauschaliert.

Für alle Hartz-IV-LeistungsempfängerInnen in Darmstadt überraschend änderte das Jobcenter ohne Ankündigung und Begründung mit Jahresbeginn diese Regelung. Die jährliche Bewerbungskostenpauschale wurde von 260 Euro auf 200 Euro gekürzt.

Lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut

In der Sozialausschusssitzung am 18. Februar fragte unser GALIDA-Kollege Helmut Angelbeck Sozialdezernentin Akdeniz (Grüne), warum es zu dieser Kürzungsmaßnahme gekommen sei. Die Antwort der Dezernentin war verblüffend. Sie habe von dieser Maßnahme nichts gewusst, sie sei ohne Absprache zwischen den Trägern des Jobcenter Darmstadt (Arbeitsagentur und Kommune) zustande gekommen!

Offensichtlich hat das hiesige Jobcenter nicht nur ein Problem hinsichtlich mangelnder Transparenz gegenüber den Hartz-IV-LeistungsempfängerInnen: Selbst unter den Trägern dieser Einrichtung scheint fehlende Kommunikation erstaunliche Blüten zu treiben.

Unsere Fraktion richtete eine Kleine Anfrage an das Sozialdezernat. Hier die Antwort der Dezernentin im Wortlaut:

"Vor dem Hintergrund der derzeitigen vorläufigen Haushaltsführung des Bundes hat das Jobcenter Darmstadt alle Eingliederungsleistungen zu Beginn des Jahres 2014 auf die jeweilige Finanzierbarkeit hin überprüft. Insbesondere ist das Jobcenter dafür verantwortlich, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in 2014 ausreichen, um alle Eingliederungsleistungen bedarfsgerecht einzusetzen. Insoweit wurde das Vermittlungsbudget (Bewerbungskostenpauschale) durch eine Anpassung der Dienstanweisung zunächst von 260 Euro auf 200 Euro abgesenkt, um den Mittelabfluss für alle Eingliederungsleistungen im Zuge der vorläufigen Haushaltsführung sicher zu stellen. Als Kompensation war eine verstärkte Nutzung des Bewerbungscenters ("dabei") angedacht. Zwischenzeitlich hat sich diese vorgesehene Regelung als wenig praktikabel erwiesen. Auch gerade deshalb, weil diese Verfahrensweise einen erhöhten Verwaltungsaufwand nach sich zieht. Die Geschäftsführung des Jobcenters hat sich daher kurzfristig dazu entschlossen die ursprüngliche Regelung (rückwirkend zum 1.1.2014) beizubehalten."

Sozialdezernentin Akdeniz erläuterte dazu am 13. März im Darmstädter Echo: "Das Jobcenter wollte kürzen, ich habe mich aus sozialpolitischen Gründen dagegen ausgesprochen, die Kürzung wurde rückwirkend zurückgenommen."

Verwaltungshaushalt des Jobcenters aufgebläht

Im selben Artikel kündigt die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Darmstadt, Frau Birgit Förster (SPD), an, dass die Rücknahme der Kürzung nun andernorts Auswirkungen haben werde: "Man muss ganz klar sagen, jetzt werden andere Maßnahmen gekürzt", so Förster.

Diese Drohung von Frau Förster ist umso erstaunlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass das Jobcenter Darmstadt allein in 2013 rund 1,5 Millionen Euro aus "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit", also für Fördermaßnahmen von Langzeiterwerbslosen, in das Verwaltungsbudget "umgeschichtet" hat. Der Verwaltungshaushalt des Jobcenters dient dazu, die laufenden Kosten für Personal und Verwaltung der Behörde zu decken. Dies wird sich auch in 2014 fortsetzen und zwar mit einer Umschichtung in der voraussichtlichen Höhe von 1,77 Millionen Euro.

Das Jobcenter Darmstadt ist damit keine Ausnahme. In absoluten Zahlen wurde bundesweit seit 2006 noch nie so viel Geld von der Arbeitsförderung in die Verwaltung umgeleitet. 2010 waren es bundesweit 13 Millionen Euro, 2012 überstieg die Summe bereits 150 Millionen Euro und im vergangenen Jahr wurde der Verwaltungsetat schon um 450 Millionen Euro aufgestockt. Die Eingliederungsleistungen für Langzeiterwerbslose wurden im selben Zeitraum von 6,6 Milliarden Euro (2010) auf 3,9 Milliarden Euro zusammengekürzt - die Verwaltungskosten sanken dagegen nur von 4,4 Milliarden Euro auf 4,05 Milliarden Euro.

Diese Tatsachen scheinen allerdings Frau Förster nicht zu interessieren, im Gegenteil. Wenn sich auf Kosten von Hartz-IV-LeistungsempfängerInnen der Haushalt eines Jobcenters ausgleichen lässt, ist sie offensichtlich als Erste dabei.

Unsere Meinung

Damit ist zwar (vorerst?) die Kürzung der Bewerbungspauschale vom Tisch, allerdings bleibt abzuwarten, wer sich welche Kürzungen für die Zukunft offen hält.