Kahlschlag und Spardiktat: Kommunalfinanzen stärken!

Dr. Natalie Krieger

Darmstadt hat sich entschieden, unter den schwarz-gelben Schutzschirm für hochverschuldete hessische Kommunen zu schlüpfen. Ein Schutzschirm für die klammen Kommunen ist bitter nötig. Sie haben ihn so nötig wie jemand, der aus einem Flugzeug fällt, einen Fallschirm braucht, um keine harte Landung zu erleben. Was die Landesregierung mit ihrem "Schutzschirm" plant hilft allerdings nichts. Das ist so, wie wenn man jemanden aus dem Flugzeug schubst und ihm dann einen Fallschirm hinterher wirft.

Und genau dieser Unsinn passiert hier: Erst wurden den Kommunen mit Hinweis auf die schlechte Kassenlage des Landeshaushaltes in 2011 etwa 340 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich gestrichen und 2012 nochmal 350 Millionen Euro gekürzt. Und dann stellt die Landesregierung fest, dass die Kommunen zu wenig Geld in den Kassen haben und der Rettung mittels eines Schutzschirms bedürfen.
Hinzu kommt: Ein Teil des Geldes, das in den Entschuldungsfonds kommt, stammt aus dem kommunalen Finanzausgleich. Es hätte also ohnehin den Kommunen zugestanden und wird ihnen jetzt als großzügige Hilfe angepriesen. Die Hilfe für die Kommunen ist also nur ein Teil dessen, was ihnen vorher weggenommen wurde.

Schutzschirm heißt Sozialabbau...

Die Kommunen - oder besser die Einwohnerinnen und Einwohner - zahlen einen hohen Preis für den von ihnen selbst finanzierten Schutzschirm. Denn ihnen werden Maßnahmen vorgeschrieben, die sie umsetzen müssen, damit ihre Schulden teilweise übernommen werden. Insbesondere müssen sie ihre Ausgaben kürzen, vor Und das vor allem bei den freiwilligen Leistungen und den Personalausgaben. Gebührenerhöhungen sollen zusätzliche Einnahmen generieren.
Das bedeutet Sozialabbau, der wieder einmal vor allem diejenigen treffen wird, die am meisten auf handlungsfähige Kommunen angewiesen sind. Verlierer sind Kinder und Jugendliche, Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, Menschen, die auf soziale Leistungen angewiesen sind und die Beschäftigten in den Kommunen

... und Demokratieabbau

Und nicht nur das - der ohnehin schon enge Handlungsspielraum der Kommunen wird immer kleiner. Kommunale Selbstverwaltung wird so systematisch eingeschränkt und Demokratie auf kommunaler Ebene gefährdet. Kommunale Selbstverwaltung steht demnächst nur noch auf dem Papier und im Grundgesetz - gelebt werden kann sie nicht mehr.
Statt drakonischer Sparauflagen wäre es geboten, die Kommunalfinanzen auf eine ordentliche Basis zu stellen. Das sollte die Stadt Darmstadt - zusammen mit anderen Kommunen - massiv vom Land fordern, anstatt zu versuchen den hinterhergeworfenen Fallschirm aufzufangen. Zum Spardiktat der Landesregierung kommen die Sparauflagen des Regierungspräsidiums. Die Auflagenverfügung zum Haushalt 2012 diktiert Kürzungen von insgesamt 27,2 Millionen Euro. Und das zusätzlich zu dem bereits beschlossenen Kürzungspaket des Magistrats für den Haushalt 2012.
Allein 2,8 Millionen entfallen auf den Personalbereich. Das entspricht 113 Stellen, die gestrichen werden müssen. Die Arbeit die zu erledigen ist wird nicht weniger, sie wird nun auf noch weniger Schultern verteilt. Die Folgen dieser zunehmenden Arbeitsverdichtung kennen wir alle. 12,4 Millionen Euro müssen bei den Investitionen gestrichen werden und das, obwohl, wie der Kämmerer sagt, ohnehin nichts vorgesehen ist, was in die Kategorie "Nice to have" falle. Notwendige Maßnahmen zur Erhaltung der Infrastruktur müssen also unterbleiben. Schulen und Kindergärten gammeln weiter vor sich hin.

Auskömmliche Finanzierung und gerechte Verteilung

Woran es den Kommunen fehlt, sind nicht Schutzschirme, Streichlisten und Kürzungsprogramme, sondern dauerhaft höhere Einnahmen. Das Land Hessen muss seine verfassungsrechtliche Pflicht erfüllen und für eine angemessene und auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen sorgen. Deshalb müssen wir uns für eine Gemeindefinanzreform und eine gerechte Verteilung zwischen Bund, Land und Kommunen einsetzen. DIE LINKE hat das im September 2011 in einem entsprechenden Antrag an die Stadtverordnetenversammlung Ort gefordert. Leider ist dieser Antrag, (bei Stimmenthaltung der SPD, die genau das inzwischen auch fordert) abgelehnt worden.
>Es ist geboten, die Kommunalfinanzen auf eine ordentliche und solide Basis zu stellen. Dies muss die Stadt Darmstadt massiv von der Landesregierung fordern, anstatt unter dem Rettungsschirm fragwürdigen Schutz zu suchen. Die Kürzungen des kommunalen Finanzausgleichs müssen zurück genommen werden! Darmstadt braucht keinen Schutzschirm mit Spardiktaten und Kürzungsauflagen. Notwendig ist die grundsätzliche Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen.