Knell: Kein Land in Sicht

Siegfried Oettmeier

Vor sechs Jahren wurde die "Knell", das Ausbesserungswerk an der Frankfurter Straße von der Bahn stillgelegt.
Die Stadt peilte eine großen Tauschaktion an: der Messplatz auf die "Knell", dafür auf den jetzigen Messplatz Wohnhäuser. Auf den Rest der "Knell" Betriebe des Stadtkonzerns: eine Erweiterung der dort ansässigen HSE (früher: "Südhessische") und den Abfallwirtschafter EAD.
Dies wurde unter dem Namen der "Rochade" (Wechsel der Positionen von König und Turm beim Schachspiel) bekannt gemacht. Schade nur, dass die Fachleute der Stadt die "Seveso-II-Richtlinie" verpeilten. Die "Knell" als auch der Messplatz kommen der Firma Merck zu nahe. Daher verbietet die zum Schutz der Menschen gedachte Richtlinie den geplanten Schachzug. Die Stadt hat der Bahn den Kaufpreis bezahlt. Sie hat das Gelände geräumt und auch in die Erschließung investiert. Nun ist sie in Verlegenheit. Zwar konnten "PLUS", "Burger King" und "Tegut" gewonnen werden. Dies betrifft aber nur den südlichen Teil der "Knell", wo die "Seveso-II"-Richtlinie nicht hinreicht. Dann wurde bekannt, dass die EAD doch nicht mehr auf die "Knell" wolle. Unsere Fraktion hat im März eine Anfrage gestellt:

  1. Kann die EAD als Eigenbetrieb städtebaulichen Vorgaben öffentlich zuwider handeln? Wie weit geht die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Eigenbetriebe? Welche Gründe führten zu dieser Entscheidung?
  2. Wie könnte das bisherige EAD-Gelände an der Niersteiner Straße genutzt werden?
  3. Welche Absichten hat nun die HSE auf dem Gelände?

Stadtrat Feuchtinger hat die Anfrage über ein Vierteljahr später beantwortet. Die EAD wolle aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht mehr umziehen. Auch sei eine Wohnbebauung an der Niersteiner Straße mit einer möglichen Nutzung des erst 1982 bezogenen Verwaltungsgebäudes nur schwierig vereinbar. Die HSE schließlich wolle ein neues Verwaltungsgebäude errichten. Das Planungsamt der Stadt geht jedoch unverdrossen von einem Umzug der EAD aus.Wir meinen: Natürlich dürfen Verluste bei Neubau eines Verwaltungsgebäudes, bei der Vermietung des alten nicht mit Müllgebühren bezahlt werden. Eine vernünftige Nutzung der "Knell" liegt aber im Interesse der gesamten Stadt. Welcher Betrieb wäre besser für das von einem Chemieunfall bedrohte Gelände geeignet als die EAD mit ihrem großen Fuhrpark von über 200 Müll- und Reinigungsfahrzeugen? Der einzige Publikumsverkehr sind Lieferanten von Sondermüll. Im Alarmfall ließen sich diese Gäste in der Verwaltung in "Obhut" nehmen. Hinzu kommt, dass die Verwaltung der EAD zwar in sauberen und schönen Büros sitzt, die Werkstatt aber in einer Reithalle aus Kaisers Zeiten hantieren muss. Beim Seitenlader, dem höchsten Müllfahrzeug muss vor Reparaturen aus den Reifen Luft abgelassen werden, weil die Tore zu niedrig sind! Da die EAD nicht nur ihre eigenen 210 Fahrzeuge wartet, sondern auch die der Stadtverwaltung, wäre der Neubau der Werkstatt überfällig. Der jetzige Standort an der Niersteiner Straße in Bessungen ist aber nicht erweiterungsfähig. Demgegenüber bietet die "Knell" dem Stadtkonzern viel Platz: Von den 155.000 m² der "Knell" fallen in die "Seveso-II"-Zone ca. 128.000 m² Die EAD hat in der "Niersteiner Straße" ein Gelände von ca. 20.000 m². Die EAD betreibt ein städtisches Lager in der Haasstraße von ca. 11.000 m². Die HSE hat im "Dornheimer Weg" ein Lager für Rohre, Maste ca. 12.000 m². Das Grünflächenamt lagert Pflaster an der Pfnorrstraße ca. 15.000 m². Es ließen sich also alle Lagergelände der Stadt und ihrer Betriebe zusammenlegen. Und noch etwas: Die Müllfahrzeuge fänden ihre Heimat in unmittelbarer Nähe der Müllverbrennung. Leerfahrten würden damit minimiert. Zu den jetzigen Lagerplätzen reichen weder Fluglärmkeule noch "Seveso II" hin. Sie können anderweitig genutzt werden, z.T. durch Wohnbebauung. So ist doch noch eine "Rochade" möglich, wenn auch eine kleine.