"Kommunen bewegt euch endlich!"

Uli Franke

Hinhaltetaktik auf dem Rücken von Kindern und Eltern

Mit diesem Slogan kritisierte das "Solidaritätskomitee zur Unterstützung der Tarifauseinandersetzung in den Sozial- und Erziehungsdiensten" die Hinhaltetaktik der kommunalen Arbeitgeber, und rief für Anfang Juni - in der vierten Streikwoche - zu einer Protestaktion auf. Der Aufruf richtete sich an die betroffenen Eltern und Kinder, die in Sichtweite des Rathauses ihren Ärger an die richtige Adresse loswerden wollten. Aber auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger hatten die Möglichkeit, solidarisch die Forderungen der Streikenden nach einer Aufwertung ihrer Berufe zu unterstützen.

Der Hintergrund: Erst drei Wochen nach Streikbeginn, als die Eltern schon auf dem Zahnfleisch gingen, traf sich der Verband der kommunalen Arbeitgeber, um über ein Angebot an die Streikenden zu beraten. Sie hofften offenbar, dass die große gesellschaftliche Zustimmung zum Streik mit der Zeit bröckelt. Doch viele Eltern waren sauer, dass durch diese Taktik der Konflikt auf ihrem Rücken ausgetragen wird.

Wenn die Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten streiken, können sich Kämmerer und Oberbürgermeister die Hände reiben. Denn die Gewerkschaft zahlt über das Streikgeld die Löhne, größere Einnahmeausfälle entstehen der Stadtkasse jedoch nicht.

Bei einem solchen Arbeitskampf ist zusätzlicher gesellschaftlicher Druck notwendig, um das Ziel zu erreichen und die Kommunen zum Handeln zu zwingen.

Deshalb haben wir die Arbeit des Solidaritätskomitees unterstützt, unter anderem durch eine Resolution unserer Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Darin werden die Forderungen der Streikenden für höhere Eingruppierung und bessere Arbeitsbedingungen unterstützt. Der Magistrat wird aufgefordert, auf den kommunalen Arbeitgeberverband entsprechend Einfluss zu nehmen. Leider wurde die Tagesordnung vor der Behandlung dieses Antrages abgebrochen. So blieb es den Schuldenbremsen-Parteien erspart, Farbe zu bekennen, ob sie den Haushalt auf Kosten der Beschäftigten sanieren wollen.

Einige Bürgermeister haben angedroht, eventuelle Mehrausgaben durch bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher auf die Gebühren umzulegen. In Darmstadt hat man sich dazu bisher nicht geäußert. Falls man auch hier eines Tages auf solche Ideen kommt, werden wir uns entschieden dagegen wehren.

Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, den Eltern gute Rahmenbedingungen für die Erziehung ihrer Kinder zu gewährleisten. So wie die Schulbildung muss die frühkindliche Bildung in Krippen und Kitas in vollem Umfang von der Allgemeinheit finanziert werden.

Zur Information:
Ver.di fordert, die Eingruppierungen anzuheben. Dies würde für die bundesweit 240.000 Beschäftigten in kommunalen Sozial- und Erziehungsdiensten ein durchschnittliches Mehr von 10% bedeuten.

Die Forderungen sind mehr als berechtigt. Schließlich arbeiten die Beschäftigten für und mit unseren Kindern. Die Arbeit stellt an die Beschäftigten hohe Anforderungen und setzt eine lange Ausbildungszeit voraus: 5 Jahre bei ErzieherInnen, mindestens 8 Semester (4 Jahre) bei SozialarbeiterInnen. Und die Ausbildung ist nicht überall gratis. In der Entlohnung schlägt sich das nicht nieder.