Nord-Ost-Legenden

Werner Krone

Legende 1: Die Innenstadt wird entlastet

Unser Stadtbaurat Wenzel sagt: "Die Entlastung der Innenstadt von Durchgangsverkehr steht bevor." Aus Modellrechnungen abgeleitete Prognosen sehen zwar erhebliche Entlastungen voraus, jedoch nur für den Straßenzug Fiedlerweg-Spessartring- Rhönring.

Legende 2: Die Innenstadt wird menschenfreundlicher

Im Internet lässt die Stadt verlautbaren:
"Flankierende Maßnahmen in der Innenstadt.
Der Bau der Nordostumgehung bewirkt Rückgänge der Verkehrsbelastung vor allem im Straßenzug Rhönring/ Spessartring sowie Entlastungen im weiteren innerstädtischen Straßennetz (siehe Verkehrsprognosen). Damit ist die Chance verbunden, die betroffenen Straßenräume so zu gestalten, dass sie ihrer künftigen funktionalen Bedeutung einschließlich der aus den anliegenden Nutzungen resultierenden Anforderungen gerecht werden."
Das Wortgeklingel lässt fast an Fußgängerzonen denken. Die Wahrheit ist: Der einzige Rückbau wird die Wegnahme einer Spur am Schlossgraben bleiben. Und das hat eher mit dem architektonischen Denkmal dort zu tun.

Legende 3: Die B26 wird auf die Nord-Ost-"Umgehung" verlegt

Das Baudezernat behauptet: "Im Einvernehmen mit dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen Darmstadt ist vorgesehen, die heutigen Bundes- und Landesstraßen im Stadtkern überwiegend zu Stadtstraßen umzuwidmen und die Nordostumgehung als neue B26 auszuweisen. Damit erhält die Stadt Darmstadt auch mehr Freiheiten zur Gestaltung der Hauptverkehrsstraßen im Stadtkern."
Dies ist mit Fertigstellung der NOU aber noch gar nicht vorgesehen. Die NOU ist in den Plänen nur als Verbindung von der B42 zur B26 bezeichnet.

Legende 4: Die Nord-Ost-"Umgehung" ist für die Planer das Ziel ihrer Wünsche

Ist sie nicht. Sie werden dann durchstarten mit der "Westumgehung". Die Argumente werden sein: Die Weststadt brauche das, es sei eine Forderung der Wirtschaft, ohne die Westumgehung sei keine Entlastung der Waldkolonie möglich und so weiter. Die "Westumgehung" soll sich in den Wald fräsen, der ohnehin fast vertrocknet ist.
Und: Diese Straße ist von der Stadt zu finanzieren. Es gibt höchstens Zuschüsse.

Legende 5: Die Nord-Ost-"Umgehung" hält den Durchgangsverkehr aus der Stadt

Im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt steht jedoch: "Gemessen am gesamten Kfz-Verkehr entfallen in Darmstadt ca. zwei Drittel aller Kfz-Fahrten auf den Zielverkehr nach und den Quellverkehr aus der Stadt.
Ein Großteil des Kfz-Verkehrs wird von Pendlern verursacht, für die das Oberzentrum Darmstadt wichtiger Arbeitsplatz-, Ausbildungs- und Versorgungsstandort ist... Ein Viertel aller Kfz-Fahrten werden innerhalb der Stadt unternommen (Binnenverkehr).
Lediglich 8 Prozent der Kfz-Fahrten treten als Durchgangsverkehr auf, wobei der Schwerlastverkehrsanteil hier besonders hoch ist und sich dieser Verkehr auf wenige Straßen (z.B. Landgraf-Georg-Straße, Cityring, Bleichstraße, Rheinstraße) konzentriert."
Da die meisten Autofahrer in die Stadt selbst wollen, erklärt das auch, warum die in die Stadt führenden Straßen nicht entlastet werden (es sei denn durch andere Verkehrsmittelwahl).

Legende 6: Die Nord-Ost-"Umgehung" erlaubt Lkw-Sperrungen.

Die Stadt verlautbart: "Die Nordostumgehung ermöglicht verkehrslenkende Maßnahmen zur Verlagerung von Schwerverkehrsanteilen aus der City."
Die Beobachtung am Cityring zeigt jedoch, dass anscheinend noch genug Lkw aus der Region und in diese hinein wollen. Und wer kontrolliert die Programmierung von Navigationsgeräten und Routenplanern? Vor allem nachts wird nach wie vor der Weg durch die Stadt gewählt, weil er meistens kürzer ist.
Warum aber wurde ein Stadtverordneten-Antrag abgelehnt, die Stadt möge sich um die Aufnahme der B26 in die Mautstrecken bemühen? (Für die B9 auf der anderen Rheinseite ging es doch!)

Legende 7: Die Nord-Ost-"Umgehung" verhindert den Verkehrskollaps

Das wurde schon in den Siebziger Jahren behauptet, falls die "Osttangente" nicht gebaut würde. Nun ist sogar auch die Heinheimer Straße quer durch das Martinsviertel beruhigt und es ist nichts passiert.