Spuk ums Schloss

Werner Krone

Alle Jahre wieder spukt der Zeitgeist: Diesmal widmet er sich mal wieder der Straßenbeleuchtung ums Schloss. Wer einige Jahre schon in Darmstadts Mauern weilt, kennt noch die Schaukästen auf den Straßen der Innenstadt und die Kugelleuchten darüber. Was war das mal modern. Nun sind leuchtende Bleistifte modern. Aus Plätzen sollen Stelen- Felder werden. Der Bauausschuss ist mehrheitlich dafür, über hundert Leuchten anzuschaffen. Sie leuchten wohl vor allem nach oben, Ruhm und Prestige dem Weltraum und den Vögeln kündend.

Neue Haltestellen
Umstritten: Hauptbahnhof und Schloss

Gut gemeint, und manches ist tatsächlich besser, trotzdem sind die neuen Haltestellen an Hauptbahnhof und Schloss umstritten. Die "Playmobil"-Station am Hauptbahnhof wird so genannt wegen der kindlichen Symbole für Bus und "Lektrisch". Die HEAG mobilo betreibt nur. Geplant hat die Stadt. Für die war ein Architekturbüro tätig. Vielleicht heben die modernen Glasklötze das Prestige der Stadt. Besonders praktisch sind sie nicht. Der Fahrgastbeirat wurde nicht gefragt, sorgte aber nachträglich für Glasscheiben als Windschutz. Blinde und Sehbehinderte sollten Leitstreifen vom Querbahnsteig bis zu den Haltestellen erhalten. Das ist im Gebäude Sache der Bahn, davor ist die Stadt zuständig. Ein Jahr nach Fertigstellung hakt die beschlossene Nachbesserung immer noch.
Vor dem Empfangsgebäude ist das überall eingesetzte, der Kinderarbeit verdächtigte indische Granitpflaster verlegt. Für Rollstuhl und Taststock ist das ein Graus. Deren Benutzer hätten gern glattere Betonsteingassen in den Pflasterflächen. Vor dem Schloss fehlte der Platz für die bisherigen runden Glas- Iglus der alten Haltestelle. Nun sind nur noch viel zu wenige Sitze vorhanden.
Es sollte möglich sein, auch scheinbare Nebensächlichkeiten bürgernäher zu planen.

Jobticket - Alternative zum Straßenbau

Immer noch meinen viele Darmstädter, mit der Nordost- "Umgehung" ließe sich Verkehr aus der Stadt heraushalten. Schon die Zahlen der Stadt sprechen dagegen. Lediglich der Rhönring soll Entlastung erfahren. Dies vor allem, weil die Merckianer dann den Tunnel annehmen könnten. Doch ausgerechnet Merck hat ein gutes Beispiel gegeben: Die Pendler halten einen Teil der Fahrtkosten von ihrer Firma "geschenkt", wenn sie ein Jobticket nehmen. Waren es beim Start vor drei Jahren noch 2300 Beschäftigte, so sind es trotz der "Sardino"-Enge*) der neuen Odenwaldbahn nun schon über 2700 Merckianer, die Bus und Bahn wählen. Dafür braucht Merck weniger Parkplätze. Auch einige Telekom-Betriebe, die Wella und der Landkreis haben mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) Jobtickets ausgehandelt.

Unserer Meinung ...

... nach sollte die Stadt das auch für ihre Beschäftigten und die ihrer Tochterbetriebe tun. Der auf die Stadt entfallende Kostenanteil für die Begleitmaßnahmen zur Nordost- "Umgehung" wird bereits jetzt auf 36 Millionen Euro geschätzt. Mit 4,5% verzinst, ergibt das über 1,6 Millionen Euro im Jahr. Dies ist genug, die Jobtickets dauerhaft zu finanzieren! Ein Angebot des RMV aus dem Jahr 1999 für die 5400 Mitarbeiter der Stadt belief sich auf 960.000 €.
Tatsächlich ist der Vorteil noch größer: Jedes Jahr kämen auf die Stadt für zusätzliche Straßen und Brückenbauwerke Erhaltungskosten zu. Geschätzt auf 3% der Bausumme wären das Jahr für Jahr weitere 1 Millionen €.