"Teilhabecard" bisher ohne Sozialticket

Frank Gerfelder-Jung


Unsere Fraktion fordert seit langem, dass die Stadt einen Darmstadt-Pass mit Sozialticket einführt. Wer Sozialtransferleistungen erhält oder im Niedriglohnsektor arbeitet, soll unserer Meinung nach mit dem "Darmstadt-Pass" Ermäßigungen nicht nur bei Eintrittspreisen, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr (Sozialticket) erhalten. In anderen hessischen Städten wie Frankfurt, Gießen oder Marburg sind solche "Stadtpässe" längst selbstverständlich. In Darmstadt hingegen wurde 2010 der Drittelzuschuss zu HEAG-Zeitkarten für Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV gestrichen!

Teilhabecard seit 1. Juli 2013...

Seit dem 1. Juli gibt es nun endlich die sogenannte städtische Teilhabecard. Ende April verkündeten OB Partsch und Sozialdezernentin Akdeniz: "Gemeinsam mit dem Bündnis für Soziale Gerechtigkeit hat die Wissenschaftsstadt Darmstadt eine "Teilhabecard" für einkommensschwache Darmstädter Bürgerinnen und Bürger erarbeitet. Die Teilhabecard bündelt unterschiedliche, bereits bestehende und neue Vergünstigungen im sozialen und kulturellen Bereich. In Darmstadt leben aktuell rund 15.000 Menschen, die ihren Lebensunterhalt ganz oder aufstockend durch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II, SGB XII) oder dem Asylbewerberleistungsgesetz finanzieren. Anspruch auf die Teilhabecard haben alle Personen, für die eine der genannten Sozialleistungen gezahlt wird."

Wer sich mit der Teilhabecard genauer beschäftigt, stellt jedoch fest: Kein Euro wird zusätzlich bereit gestellt, um mehr "Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben" als bisher sicherzustellen.

...aber keine ÖPNV-Ermäßigung für Hartz-IV-Bezieher

So wurde der Drittelzuschuss zu HEAG-Zeitkarten für Hartz-IV-Leistungsbezieher nicht wieder eingeführt. Zur Zeit sind im Hartz-IV-Regelbedarf im Bereich "Verkehr" für Alleinstehende 6,3 % des Regelbedarfs, sprich 22,78 € vorgesehen. Mit diesem Betrag, das wissen die Nutzer des Darmstädter ÖPNV, kommt man nicht weit.

Erst Mobilität ermöglicht aber erst Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auch und gerade für die rund 12.000 leistungsberechtigten Hartz-IV-Bezieher in Darmstadt. Selbst das Ausleihen eines Buches ist für immer mehr Menschen nur mit Bus oder Bahn möglich. Das sollte auch die grün-schwarze Koalition berücksichtigen.

Eine Magistratsvorlage vom 7. Oktober greift einen Vorschlag aus der Debatte um den "Bürgerhaushalt" auf und dort heißt es:

"In Darmstadt wurde unlängst die "Teilhabecard" mit Vergünstigungen im Kulturangebot eingeführt. Leider fehlt die Möglichkeit, ermäßigte Zeitkarten der HEAG zu erwerben. Dabei ist Mobilität eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Die Einzelfahrt z.B. von Eberstadt zum Luisenplatz und zurück (5,40 €) oder eine Monatskarte (82 € bzw. 65 € als 9-Uhr-Karte) können sich viele nicht leisten. Was nützt dann die "Teilhabecard"? Darmstadt sollte ein "Sozialticket" wieder einführen, wie es in den meisten größeren Städten existiert. Als unbürokratischen Berechtigungsnachweis gibt es ja nun die "Teilhabecard". Ich schlage vor, den Preis von Zeitkarten um 50% zu vergünstigen - dann wäre die 9-Uhr-Monatskarte nur noch 10 Euro teurer als im Regelbedarf für Mobilität vorgesehen ist."

Die Stellungnahme der städtischen Verwaltung zu diesem Bürgervorschlag lässt nun Hoffnung keimen: "Die Forderung nach einem Sozialticket wird auf hessischer Ebene bereits diskutiert. Seitens der Wissenschaftsstadt Darmstadt werden zeitnah Verhandlungen mit dem RMV, der Heag-Mobilo und der DADINA geführt."

Unsere Fraktion wartet nun auf Ergebnisse die genannten Verhandlungen. Wir hoffen darauf, dass die grün-schwarze Koalition den rund 12.000 Hartz-IV-Empfängern in Darmstadt endlich ein größeres Maß an Mobilität ermöglichen wird.