Umbenennung Hindenburgstraße

Die Bewohner und ansässigen Unternehmen der Hindenburgstraße haben der Umbenennung ihrer Straße in Marion-von-Dönhoff-Straße mehrheitlich nicht zugestimmt. Dieses Ergebnis war nach der beschämenden Vorstellung des zuständigen Dezernenten Klaus Feuchtinger und der von Stadtarchivar Dr. Peter Engels verfassten "Bürgerinformation"-Broschüre nicht anders zu erwarten.
Diese Broschüre ist eine eindeutige Parteinahme zur Beibehaltung des Namens Hindenburg. Es grenzt schon an politische Scharlatanerie, wenn Engels behauptet, dass er "ohne eigene Meinung" nur den Stand der Forschung wiedergegeben habe. Nach Auffassung des Stadtarchivars ist die Rolle Hindenburgs keinesfalls "eindeutig als schlecht" zu bewerten. Wer so mit der Geschichte umgeht, der öffnet dem Rechtsextremismus Tür und Tor.
Ein Historiker sollte an Fakten interessiert sein, solche interessieren den Darmstädter Stadtarchivaren aber nicht.
Nicht ein Wort findet sich in der Engels-Broschüre über die verhängnisvolle Rolle, die Hindenburg als Chef der Obersten Heeresleitung (OHL) im Ersten Weltkrieg spielte. Er war zusammen mit Ludendorff beteiligt, als am 9. Januar 1917 die Eröffnung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges beschlossen wurde.
Dies führte am 6. April 1917 zum Kriegseintritt der USA an der Seite der Entente-Mächte. Erinnert sei auch an die Frühjahrsoffensive 1918, als die deutsche Niederlage schon greifbar war. Durch Hindenburgs Befehle wurden hunderttausende Soldaten geopfert.
Zugleich phantasiert Hindenburg davon, dass der Sieg, "den wir für Deutschlands politische und wirtschaftliche Zukunft bedürfen, uns nicht entrissen werden" kann. (Schulthess' Europäischer Geschichtskalender, Jahrgang 1918 auf Seite 142). "Die Schlacht von Tannenberg" wurde zu einer Schlacht von Cannae umgefälscht, um dem Volk eine Begeisterungsspritze für die Fortsetzung des Krieges zu verabreichen (Hindenburg traf erst ein als die Schlacht schon vorbereitet war und begonnen hatte). Vor diesen chauvinistischen Karren ließ sich auch die damalige Darmstädter Stadtverwaltung spannen, als sie sich 1915 bereit erklärte, eine Straße nach Hindenburg zu benennen.
Entgegen den Tatsachen wird behauptet, dass Hindenburg loyal zur Weimarer Republik gestanden habe.
Bei der Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz seien die Abgeordneten der KPD nicht mehr zugelassen worden. Das ist eine ungeheuerliche Verharmlosung des vorangegangenen braunen Terrors, um Hindenburg Absolution zu erteilen. Es wird nichts dazu gesagt, Hindenburg die Verordnung "Zum Schutz von Volk und Staat" (28.02.1933) und das Ermächtigungsgesetz unterschrieb und damit die parlamentarische Demokratie beseitigte.
Ohne auch nur den Versuch zu unternehmen zu erläutern, wer Hindenburg drängte Hitler zum Reichskanzler zu ernennen, wird nur behauptet, dass er "sich dazu bewegen" ließ. Es wird angedeutet, dass er den Ratschlägen seiner politischen Berater folgte, ohne darauf einzugehen, dass diese fest in der Hochfinanz und dem Junkertum verankert waren und dass ein wesentlicher Berater sein eigener Sohn war.
Es wird mit keinem Wort erwähnt, dass am "Tag von Potsdam" Hitler sich vor Hindenburg verneigte und ihm damit öffentlich seinen Dank ausdrückte.

Der eigentliche Skandal ...

... aber ist das Verhalten des derzeitigen Darmstädter Magistrates. Als unsere Fraktion im Oktober 2006 in einem Brief an die Bewohnerinnen und Bewohner unsere Initiative zur Umbenennung der Hindenburgstraße begründete, ließ der zuständige Dezernent im "Darmstädter Echo" verkünden, da würden einige "ihr Mütchen kühlen". Eine zugesagte Informationsveranstaltung fand nicht statt. O-Ton Feuchtinger: "Wir wollen keinen Historikerstreit."
Die Vermutung liegt nahe, dass der Magistrat ganz bewusst seinen Stadtarchivar, inklusive der desinformierenden Broschüre losschickte, um sich dann hinter beiden zu verstecken. Eins steht fest: So kommt dieser Magistrat seiner politischen Verantwortung nicht nach. Der Magistrat lässt es weiter zu, dass der Steigbügelhalter Hitlers mit seinem Namen das Darmstädter Stadtbild verunziert.

Informationen auf unserer Internetseite:

!! Brief an Bewohnerinnen und Bewohner der Hindenburgstraße. Antwort auf ein Schreiben der wissenschaftlichen Buchgesellschaft.