Wie die Darmstädter Arbeitsagentur mit Kanonen auf Spatzen schießt

Verena Hoppe

Eine Protestaktion der Gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiative Darmstadt (GALIDA) anlässlich der ersten Stellenbörse "Südhessische Ernte" in den Räumen der Arbeitsagentur am 16. Februar diesen Jahres, hat für unsere erwerbslosen Fraktionsmitarbeiter Helmut Angelbeck und Frank Gerfelder-Jung strafrechtliche Konsequenzen.
Mit der Aktion der GALIDA, die sich vornehmlich gegen die von den Spargelbauern bezahlten Hungerlöhne von 5,28 Euro brutto pro Stunde richtete, war der damalige Leiter der Arbeitsagentur Darmstadt, Dr. Gerd Mittmann (FDP), offensichtlich überfordert. In Gegenwart von Presse und Fernsehen musste der Agenturdirektor kleinlaut einräumen, dass "fälschlicherweise" Schreiben an Erwerbslose gegangen waren, die diese zum Erscheinen auf der "Stellenbörse" zwangen. Von einem "freiwilligen Erscheinen" der Arbeitslosen, welches die Arbeitsagentur vorher in den Medien großmundig angekündigt hatte, konnte keine Rede sein. Als die Kolleginnen und Kollegen der GALIDA ihr Transparent "Hungerlöhne - Ohne uns!" im Sitzungssaal der Agentur entfalteten, rief Dr. Mittmann die Polizei auf den Plan. Die Staatsanwaltschaft erließ auf Anzeige des Herrn Dr. Mittmann, Strafbefehle in Höhe von 20 Tagessätzen à 13 Euro, sowie 60 Euro Gerichtskosten. Unser Fraktionsmitarbeiter Helmut Angelbeck führte gegenüber der Presse aus: "Die Kosten von 320 Euro pro Person, die immerhin fast dem Monatseinkommen eines ALG-II-Beziehers entsprechen, sind eine stolze Summe für eine so kleine Aktion, die im übrigen die Veranstaltung weder gestört noch sonstigen Schaden verursacht hat. Hier geht es allein um die Statuierung eines Exempels, die uns womöglich von zukünftigen Aktionen in der Arbeitsagentur abschrecken soll." Möglicherweise wollte der scheidende Arbeitsagenturleiter auch dafür sorgen, dass wir ihn auch nach seiner bevorstehenden Pensionierung nachhaltig in Erinnerung behalten. Immerhin haben wir in den letzten acht Jahren einige Sträuße - auch ohne Polizei und Gericht - miteinander ausgefochten."
Unsere Fraktionsmitarbeiter Helmut Angelbeck und Frank Gerfelder-Jung sehen sich gezwungen die Strafbefehle zu akzeptieren, da die Prozesskosten für ein mögliches Verfahren unkalkulierbar sind. Allein die Ladung des Zeugen Dr. Mittmann, der aktuell in Kroatien arbeitet, würde Hunderte von Euro kosten. Festzuhalten bleibt, dass Bundesarbeits- und Landwirtschaftsministerium den diesjährigen Einsatz von Arbeitslosen auf den Feldern als Erfolg preisen, während die Bauernverbände und selbst die Agentur für Arbeit deren Einsatz als weitgehend "unsinnig" bezeichnen. Nichtsdestotrotz will der Bund auch im kommenden Jahr darauf bestehen Arbeitslose als Erntehelfer einzusetzen.