Wirksame(?) Hilfen gegen Kinderarmut statt Almosenmentalität

Frank Gerfelder-Jung

Die Stadtverordnetenfrakton "DIE LINKE" begrüßt den von Sozialdezernenten Jochen Partsch (Grüne) initiierten Magistratsbeschluss vom 23. Januar zur Einrichtung eines kommunalen Schulmittelbeihilfefonds für bedürftige Kinder von Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Empfängern.
"Organisationen und Bündnissen wie der Darmstädter Sozialhilfegruppe, dem Runden Tisch "Kinderarmut in Darmstadt" und der Gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiative Darmstadt (GALIDA) ist es zu verdanken, dass die Stadt nun endlich Überfälliges in Angriff nimmt", so Fraktionsvorsitzender Rainer Keil.
Die Initiative des Sozialdezernenten Partsch ist um so erstaunlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass er vor rund vier Monaten der Presse gegenüber verkündete, dass eine Realisierung eines solchen Fonds für bedürftige Darmstädter Kinder derzeit nicht möglich wäre. Damals verwies Partsch auf die kommunale Haushaltslage und die Sparauflagen des Regierungspräsidiums. Daran hat sich zweifellos nichts geändert.

2200 Kinder in Hartz IV

In Darmstadt leben nach Angaben der ARGE rund 2200 Kinder zwischen 6 und 15 Jahren in Familien, die Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII - also Hartz IV - erhalten. Die Einrichtung des Schulmittelbeihilfefonds soll diese Kinder direkt unterstützen und damit ihre Bildungschancen erhöhen. Für einzuschulende Kinder ist ein einmaliger Betrag von 80 Euro und für Kinder zwischen 8 und 15 Jahren jährlich ein Zuschuss von 50 Euro vorgesehen.
"Auch wenn diese Beträge viel zu niedrig angesetzt sind, so ist zumindest ein Anfang gemacht", urteilt der Stadtverordnete der LINKEN, Karl-Heinz Böck.
Insgesamt werden für diesen Schulmittelbeihilfefonds jährlich 120.000 Euro benötigt. Die Stadt Darmstadt zahlt in diesen Fonds nur 40.000 Euro ein. Die restlichen 80.000 Euro sollen "über Spenden und Sponsoring von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern" akquiriert werden.

2000 geladene Gäste

Wäre allein die Einweihungsfeier des "Darmstadtiums" am Nikolaustag des vergangenen Jahres nicht gar so üppig ausgefallen - die rund 2000 geladenen Gäste wurden für circa 120.000 Euro verköstigt und unterhalten - müsste die Stadt nicht in dieser Art und Weise bei den Ärmsten und Schwächsten knapsen.
Sozialdezernent Partsch kündigte der Presse gegenüber an, auch Bürobedarfshersteller anzuschreiben, ob sie ihr Material billiger oder umsonst zur Verfügung stellen. Wieder einmal zeigt sich hier die paternalistische Almosenmentalität der Stadtvorderen, die augenscheinlich nicht davor zurückschrecken bedürftige Kinder mit einheitlichen Schulmaterialien auszustatten und so zusätzlich zu stigmatisieren. Nach dem Motto: "Schau an, schon wieder ein Hartz-IV-Kind mit dem Schulranzen von XY."
Ob der Darmstädter Sozialdezernent dafür sorgen wird, dass die Familien der antragsberechtigten Kinder über die Einrichtung des kommunalen Schulmittelbeihilfefonds in angemessener Weise informiert werden - z.B. durch ein entsprechendes Anschreiben der ARGE - war seiner Presseerklärung von Ende Januar nicht zu entnehmen.
Mit jedem armen Kind lebt auch mindestens eine arme Mutter oder ein armer Vater zusammen. Wer wirklich und nachhaltig etwas gegen Kinderarmut tun will, der muss bei der Einkommensarmut der Eltern ansetzen. Neben einem flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn ist eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für alle, die keinen existenzsichernden Arbeitsplatz finden können, dringend notwendig. Um Grundbedürfnisse wie etwa gesunde Ernährung abzudecken sowie eine angemessene Teilhabe an Bildung, Kultur und Sport zu sichern, gibt es dazu keine Alternative.

Unsere Meinung

Von den Hartz-IV-Parteien SPD, CDU, Grüne und FDP sind solche Maßnahmen nur dann zu erwarten, wenn der Druck durch die Bevölkerung und den Sozialverbänden so massiv wird, dass ihnen keine Ausflüchte mehr offen stehen.