Pressemitteilung: "Fahren ohne gültigen Fahrschein"

Kritik an der Strafverfolgung und der nicht eingeräumten Möglichkeit der Ratenzahlung

Eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE an den Magistrat der Stadt Darmstadt zum Thema ÖPNV-Nutzung ohne gültigen Fahrschein zeigt, dass 20% der Erhöhten Beförderungsentgelte (EBE) bar im Bus gezahlt werden. Dabei werden keine Personalien aufgenommen. Des weiteren werden Strafanzeigen nur dann gestellt, wenn ein Fahrgast zweimal innerhalb von drei Monaten ohne gültigen Fahrschein im Fahrzeug angetroffen wird. Von den Bußgeldern für "Schwarzfahren" und von den dann folgenden Strafanzeigen, sind überwiegend Menschen mit geringem Einkommen betroffen, die auf Bus und Bahn angewiesen sind, die aber den Fahrschein nicht bezahlen können aufgrund von zu niedrigen Löhnen oder der zu gering angesetzten Hartz-IV-Sätze.

Maria Stockhaus, Stadtverordnete für die Fraktion DIE LINKE in Darmstadt, kommentiert diesen Sachverhalt: "Finanziell besser gestellte Menschen können sich auf diese Weise im Gegensatz zu Menschen mit geringem Einkommen regelmäßig einer Strafverfolgung entziehen. Folglich werden die Personalien von Menschen mit geringem Einkommen häufiger erfasst, so dass diese häufiger eine Strafanzeige bekommen. Das ist ungerecht und diskriminierend."

Erschwerend hinzu kommt, dass es nicht möglich ist die erhöhte Beförderungsgebühr von 60 Euro bei den HEAG Töchtern mobilo oder mobiBus in Raten zu bezahlen. Angesichts des Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro wäre dies aber notwendig. Stattdessen wird das Verfahren nach Ablauf der Zahlungsfrist von sieben Tagen automatisch an ein Inkassounternehmen weitergegeben. Hierdurch erhöhen sich die Kosten für diese Fahrgäste weiter z.B. durch Mahngebühren. Die Situation wird weiter verschärft.

"Das ist absolut inakzeptabel. Die Stadt muss sich hierbei für die Möglichkeit zur Ratenzahlung bei festgestellten EBE einsetzen, um die Situation für Menschen mit geringem Einkommen nicht noch zusätzlich zu verschlimmern. Auch die Strafanzeigen sind, wie meine Anfrage deutlich zeigt, lediglich effektlose Bürokratie und gehören abgeschafft.", so Stockhaus weiter. "Menschen mit geringem Einkommen dürfen nicht kriminalisiert werden. Ihnen sind die gleichen Möglichkeiten zu schaffen wie anderen Menschen. Dafür braucht es eine Verstetigung des 9-Euro-Tickets und perspektivisch den kostenlosen Nahverkehr. Denn Armut ist ein Versagen unseres Wirtschaftssystems, das nicht in der Lage ist, für alle Menschen eine gute und gerechte Lebensgrundlage zu schaffen, und des Sozialstaates, der keinen ausreichenden Ausgleich schafft."

Das deutsche Rechtssystem führt dazu, dass Menschen mit geringem Einkommen häufiger in Konflikt mit dem Gesetz geraten. Dieses Zusammenwirken verstärkt Ungerechtigkeit statt diese abzubauen. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit der Fahrausweisprüfung, denn Fahren ohne gültigen Fahrschein macht zusammen mit Kleindiebstahl 20 % der jährlichen Verstöße aus, für die gerichtliche Strafen verhängt werden. Es werden also überwiegend Menschen bestraft, die sich den ÖPNV und Lebensmittel nicht leisten können. Auch in Darmstadt.

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