Kleine Anfrage "Strom-, Gas- und Wassersperrungen der HSE"

Karl-Heinz Böck


Frage 1:
Wie hoch ist die Anzahl der Haushalte, denen von der HSE in den Jahren 2012, 2013 und 2014 (bitte getrennt auflisten) der Strom abgestellt wurde?

  1. Wieviele Sperrandrohungen wurden in dem Zeitraum verschickt (bitte ebenfalls getrennt nach Jahren auflisten)?
  2. Wie viele Sperrungen sind im Bereich von Mietwohnungen in dem Zeitraum auf einen Zahlungsverzug des Mieters, wie viele Sperrungen sind auf einen Zahlungsverzug des Vermieters zurückzuführen?

Frage 2:
Wie hoch ist die Anzahl der Haushalte, denen von der HSE in den Jahren 2012, 2013 und 2014 (bitte getrennt auflisten) das Gas abgestellt wurde?

  1. Wieviele Sperrandrohungen wurden in dem Zeitraum verschickt (bitte ebenfalls getrennt auflisten)?
  2. Wie viele Sperrungen sind im Bereich von Mietwohnungen in dem Zeitraum auf einen Zahlungsverzug des Mieters, wie viele Sperrungen sind auf einen Zahlungsverzug des Vermieters zurückzuführen (bitte ebenfalls getrennt auflisten)?

Frage 3:
Wie viele Haushalte in Darmstadt waren in den Jahren 2012, 2013 und 2014 (bitte jeweils getrennt auflisten) von Wassersperrungen betroffen?

  1. Wieviele Sperrandrohungen wurden in dem Zeitraum verschickt (bitte ebenfalls getrennt auflisten)?
  2. Wie viele Sperrungen sind im Bereich von Mietwohnungen in dem Zeitraum auf einen Zahlungsverzug des Mieters, wie viele Sperrungen sind auf einen Zahlungsverzug des Vermieters zurückzuführen (bitte ebenfalls getrennt auflisten)?

 

Antworten zu Fragen 1 - 3:

JahrStromGasWasser
Sperrungen2014297818110
Sperrandrohungen2014131602449262
Sperrungen2013317027014
Sperrandrohungen2013153022525251
Sperrungen2012397529225
Sperrandrohungen2012146342704325

Eine Unterscheidung zwischen Mietern und Vermietern ist nicht möglich.

Frage 4:
Wie viele Haushalte waren im angefragten Zeitraum von mehreren Sperrungen betroffen?
Antwort:
Ca. 50 % der betroffenen Haushalte waren im angefragten Zeitraum von mehreren Sperrungen betroffen.

Frage 5:
Welche Erkenntnisse gibt es über die Lebenssituation (wie z.B. die Anzahl der Haushalte mit Kindern, die Anzahl der Haushalte im SGB-II-Leistungsbezug, die Anzahl von Rentnerinnen und Rentnern etc.) der Betroffenen von Strom-, Gas und/oder Wassersperrungen?
Antwort:
Zur Frage nach den sozialen Hintergründen der betroffenen Haushalte stehen keine systematisch auswertbaren Daten zur Verfügung. Die Rückmeldungen der zuständigen Sperrkassierer beschreiben jedoch, dass die Sperrungen sämtliche "sozialen Schichten" betreffen.
Kunden, die aufgrund ihrer medizinischen Versorgung auf die Stromlieferung angewiesen sind (z.B. Dialysepatienten) sind systemseitig erfasst und werden nicht gesperrt.

Frage 6:
Welche Kosten entstehen den Kundinnen und Kunden im Zusammenhang mit der Aufhebung von Strom-, Gas- und/oder Wassersperrungen? Wie bewertet der Magistrat die Höhe dieser Kosten mit Blick auf die Notlage der betroffenen Kundinnen und Kunden?
Antwort:
Die Wiederinbetriebnahmekosten für die Sparte Strom betragen 153,87 € brutto und für die Sparte Gas 214,20 € brutto. Es können je nach Anlagenart Zusatzkosten für Techniker hinzukommen, die nach Aufwand belastet werden.
Die Wiederinbetriebnahmen der Sparte Wasser werden aufgrund der technischen Besonderheiten grundsätzlich nach Aufwand des Technikers belastet.
Die Kosten für die Wiederinbetriebnahme sind seitens der Bundesnetzagentur genehmigungspflichtig und auf den Preisblättern des Netzbetreibers veröffentlicht.

Frage 7:
Durch welche Maßnahmen versucht die HSE, Zahlungsrückstände und Sperren zu vermeiden?
Antwort:
Die HSE versucht durch folgende Maßnahmen Zahlungsrückstände und Sperrungen zu vermeiden:

  • Ratenpläne
    Die HSE übernimmt soziale Verantwortung und bietet ihren Kunden die Möglichkeit, an den jeweiligen finanziellen Gegebenheiten angepasste Ratenzahlungen auf Rechnungsbeträge zu vereinbaren. In der Regel werden Ratenpläne für bis zu 6 Monate angelegt, maximal jedoch bis zur nächsten Jahresverbrauchsabrechnung.
    In Ausnahmefällen gibt es die Möglichkeit einen Ratenplan über mehrere Jahre anzubieten. 2014 hat ENTEGA 10305 Ratenpläne, davon wurden 5793 deaktiviert, da Raten nicht bedient wurden.
  • Stundungen
    ENTEGA bietet ihren Kunden die Möglichkeit der Stundung an. Um eine Stundungsvereinbarung zu treffen ist es wichtig, dass die Kunden sich aktiv mit ENTEGA in Verbindung setzen und mitteilen, dass der Ausgleich des Abschlages erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann.
    Im Jahr 2014 hat ENTEGA 2177 Stundungen vereinbart.
  • Kostenlose Bareinzahlungsautomaten
    In den ENTEGA-Points in Darmstadt und Mainz stehen den Kunden der ENTEGA kostenlose Bareinzahlungsautomaten zur Verfügung.
    Somit ist sichergestellt, dass Kunden ohne zusätzliche Kosten wie z.B. bei einer Bareinzahlung bei der Bank ihre Energiekosten begleichen können.
    2014 wurden insgesamt 29767 Einzahlungsvorgänge (Stand 31.12.2014) an den Bareinzahlungsautomaten registriert.
  • Kostenlose Energieberatung
    ENTEGA bietet ihren Kunden die Möglichkeit, sich durch die kostenlose Energiesparhotline über neue Wege zum Thema Energiesparen zu informieren. Neben Tipps und Anregungen zum Energiesparen informieren die Mitarbeiter auch über Zuschüsse und Fördermöglichkeiten von effizienter Heiztechnik oder dem ENTEGA-Öko-Zuschuss. Beim Kauf energieeffizienzer Haushaltsgeräte wie z.B. Kühl- und Gefriergeräten erhält der Kunde 30,00 € Zuschuss von ENTEGA.
    In den Points können Kunden kostenlos Strommessgeräte ausleihen, um den Stromverbrauch ihrer Haushaltsgeräte zu überprüfen.
  • Externe Bewertung der Maßnahmen zur Energieschuldenprävention bei ENTEGA:
    ENTEGA hat das Thema Energieschuldenprävention Anfang 2014 im Rahmen einer Hospitationsarbeit von einer Mitarbeiterin des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten bewerten lassen. Sie hat im Rahmen ihrer Fortbildungsqualifizierung für das Statusamt A14 eine ausführliche Bewertung inkl. Weiterentwicklungsmöglichkeiten erstellt. Aus den beschriebenen Empfehlungen wurden bei ENTEGA Maßnahmen abgeleitet und wie folgt umgesetzt:
    • Variablere Gestaltung des Forderungsmanagements bei ENTEGA
    • Ausweitung der Zusammenarbeit mit Akteuren der AG Energiekosten einkommensschwacher Haushalte
    • ENTEGA-Angebote systematisch bekannter machen
    • Ausarbeitung eines Konzepts zum Öko-Zuschuss für einkommensschwache Haushalte
  • Projekt ESP - Energieschuldenprävention
    Gemeinsam mit dem stellvertretenden Leiter des Sozialamts und Leiter der Schuldnerberatung der Stadt Darmstadt hat ENTEGA die Arbeitsgruppe "Energiekosten einkommensschwacher Haushalte" zur Prävention von Energieschulden ins Leben gerufen. Weitere Akteure der Arbeitsgruppe sind: Bauverein, Verbraucherzentrale, Caritas, Initiative Arbeit, Diakonie, Neue Wohnraumhilfe, Mieterbund, Jobcenter und Wohlfahrtsverbände. Seit dem 13.02.2014 finden regelmäßige Sitzungen in 4 Arbeitsgruppen statt. Neben der Vernetzung der unterschiedlichen Akteure steht die Ausarbeitung von Maßnahmen zur Energieschuldenprävention im Vordergrund.
    In der Arbeitsgruppe "Forderungsmanagement" bei ENTEGA wurden unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet, um Energiesperrungen vorzubeugen.
  • Anpassung des Themas Forderungsmanagements bei ENTEGA (1)
    • Ausweitung der Zusammenarbeit mit Jobcenter, Sozialamt und den weiteren Akteuren
    • Möglichkeit vereinfachter Ratenvereinbarungen durch Mitarbeiter von Jobcenter und Sozialamt für Kunden
    • ENTEGA-Mitarbeiter vermitteln Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten Ansprechpartner und Kontaktdaten zur Lösung finanzieller Notlagen
    • Einrichtung einer eigenen kostenfreien ESP-Hotline bei ENTEGA für die beteiligten Akteure
    • Großzügiger Umgang mit Mahnsperren, damit der Kunde Zeit hat, seine Angelegenheiten zu klären
    • Zweite Chance bei "geplatzten" Ratenplänen (nach schlechtem Zahlungsverhalten)
    • Unterjährige Prüfung der Abschlagshöhe mit bilateraler Anpassung (um hohe monatliche Belastung zu vermeiden)
       
  • Anpassung des Themas Forderungsmanagements bei ENTEGA (2)
    • Aufklärungsarbeit zum Verbrauchsverhalten, Energiespartipps und Hinweis auf kostenlose Ausleihe eines Strommessgeräts
    • In Ausnahmefällen behalten wir die Zahlungen des Kunden im Auge und weisen ihn telefonisch darauf hin, wenn z.B. ein Ratenplan nicht eingehalten wird
    • Finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung von Energiesparenden Haushaltsgeräten (Ökozuschuss)
       
  • Arbeitsgruppe Gerätezuschuss
    • Projektgruppe, bestehend aus ENTEGA, Stadt Darmstadt, Initiative Arbeit der Caritas und dem Klimaschutzbeauftragten der Stadt Darmstadt entwickelt Maßnahmen, um einkommensschwache Haushalten bei der Anschaffung energieeffizienter Haushaltsgeräte zu unterstützen
    • ENTEGA bietet einen Ökozuschuss von 30,00 € an
    • Darüber hinaus werden Möglichkeiten zur Ergänzungsfinanzierung erarbeitet
       
  • Teilnahme von ENTEGA am Praktiker-Forum der Schuldnerberater
    • Über das ESP-Projekt wurde der Austausch von ENTEGA mit Schuldnerberatern in Darmstadt und Umgebung angeregt
    • Ca. 30 Teilnehmer unter der Schirmherrschaft der Evangelischen Hochschule Darmstadt und der Schuldner- und Insolvenzberatung
    • Austausch zum Thema Energieschulden
    • Praxis-Austausch und Vernetzung unter den Akteuren
       
  • Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (1)
    Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (VZ) betreibt, gefördert durch das rheinland-pfälzische Energieministerium, seit dem Jahr 2013 ein Pilotprojekt "Energiearmut vorbeugen". Ziel des Projekts ist es, ein systematisches Beratungsangebot für Menschen mit Energieschulden zu entwickeln, dass die rechtliche, technische und Schuldenberatung einschließt.
    Das Projekt enthält folgende Bausteine:
    • Erstberatung: Erstgespräch zur Sondierung der Lage der Person
    • Energiesperren abwenden: Vermitteln des Kontakts zwischen Versorger und Energieschuldner
    • Energieeffizienzberatung: Über Onlinechecks und Vor-Ort-Termine wird der Energieverbrauch ermittelt und Reduktionsmaßnahmen vorgeschlagen
    • Energierechtsberatung: Beratung bezüglich der Vertragsverhältnisse, Prüfung der Rechnung auf Fehler, rechtliche Beratung bei Sperrungen
    Kooperationen: Enge Kooperationen mit ARGE, Wohlfahrtsverbänden, Schuldnerberatungsstellen, kommunalen Behörden und ENTEGA
  • Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz (2)
    • Die im ESP-Projekt erarbeiteten Maßnahmen zur Anpassung des Forderungsmanagements kommen auch in der Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zur Anwendung
    • Es finden regelmäßige Austauschtermine zwischen der VZ und ENTEGA statt
    • Abschlussbericht zur 2-Jahres-Bilanz ist unter www.vz-rlp.de/studie-energiearmut abrufbar
       
  • Zusammenarbeit mit "Neue Wohnraumhilfe"
    ENTEGA beauftragt die neue Wohnraumhilfe zur Unterstützung von Kunden, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Ziel ist es, dass die Kunden ihre laufenden Abschläge wieder zahlen und eine Lösung für die angefallenen Kosten und Altforderungen gefunden wird.
    Dabei unterstützt die neue Wohnraumhilfe die Kunden bei Behördengängen, Formalitäten und bei der Verhandlung von Ratenplänen.
    Durch die professionelle Zusammenarbeit zwischen ENTEGA und der neuen Wohnraumhilfe stimmen Behörden und Ämter einer Zahlungsübernahme häufig schneller zu.
    Momentan werden 42 ENTEGA-Kunden durch die neue Wohnraumhilfe betreut. 2014 wurden 125 Hausbesuche durch die Neue Wohnraumhilfe im Auftrag der ENTEGA durchgeführt.
    Kontaktadresse: Neue Wohnraumhilfe gemeinnützige GmbH, Elisabeth-Selbert-Straße 26, 64289 Darmstadt
  • Zusammenarbeit mit dem Treffpunkt Marienborn "Sonniger Hang"
    ENTEGA bietet in Zusammenarbeit mit dem Treffpunkt Marienborn e.V. im sozialen Brennpunkt "Sonniger Hang" Energieberatungen und Beratungen zu Ratenplänen an.
    Herr Deibele (stellvertretender Vorsitzender des "Treffpunkts Marienborn") berät dort Mieter zum Umgang mit offenen Forderungen. Ein Mitarbeiter der ENTEGA ist einmal im Monat mit vor Ort und bietet den Kunden aktiv Lösungsvorschläge an, um die anfallenden Kosten zu begleichen. Im Durchschnitt erscheinen ca. 10 - 15 Kunden pro Termin. Dabei sind die häufigsten Vereinbarungen Ratenpläne.
    Kontaktadresse: Treffpunkt Marienborn e.V., Herr Josef Deibele, Am Sonnigen Hang 8-12, 55127 Mainz

Frage 8:
Ist dem Magistrat das "Saarbrücker 4-Punkte-Modell" zur Reduzierung von Stromsperrungen bekannt? Wie werden die darin vorgesehenen Maßnahmen im Vergleich zur Darmstädter Praxis bewertet?
Antwort:
Die Maßnahmen bzw. das Vorgehen im Saarbrücker 4-Punkte-Modell sind mit denen der ENTEGA weitgehend übereinstimmend. In Teilen geht das Modell der ENTEGA, z.B. bei der kostenlosen Energieeinsparberatung, der Kooperation / der Einbeziehung der Verbraucherzentralen und dem Projekt Energieschuldenprävention deutlich darüber hinaus.